Die Wirtschaftsaussichten der Entwicklungsländer werden sich im kommenden Jahr nach Einschätzung des deutschen Ökonomen Heiner Flassbeck deutlich verschlechtern. "Die Entwicklungsländer geraten immer stärker in den Abwärtssog der Weltwirtschaft", sagte der Chefökonom der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) dem epd in Genf.
Die Konjunktur der drei großen Wirtschaftsblöcke USA, EU und Japan stagniere. Die mangelnde Nachfrage in den Industrienationen mache den Entwicklungsländern schon jetzt zu schaffen. "Europäer, Amerikaner und Japaner erbringen 60 bis 70 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Wenn diese Blöcke weniger ordern, können die Entwicklungsländer nicht einfach ausweichen und an andere Länder liefern."
Flassbeck: Weg von der Sparpolitik
Die Länder der Eurozone müssten "wegkommen von der irrsinnigen Fokussierung auf die Sanierung der Staatshaushalte". Sie hätten sich nach deutschem Vorbild auf eine harte Sparpolitik verpflichtet. "Wie soll man bei diesen rigorosen Sparbeschlüssen das nötige Wachstum der Wirtschaften stimulieren?" fragte der Wirtschaftswissenschaftler.
Der UNCTAD-Chefökonom erklärte weiter, dass die Mehrzahl der Entwicklungsländer auf internationaler Ebene keine finanzstarken Fürsprecher hätten. Der Zusammenschluss der führenden 20 Wirtschaftsmächte (G-20) betreibe keine Politik für die armen Länder. "In den G-20 verfolgen die Mächte ihre eigenen Ziele", unterstrich der ehemalige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Welthandelsrunde stagniert am Widerstand der Reichen
In den G-20 sind traditionelle Industrienationen wie die USA und Deutschland sowie aufstrebende Schwellenländer wie China und Brasilien vertreten." Flassbeck zufolge haben die Vereinten Nationen nicht die nötige Finanzkraft für eine nachhaltige Unterstützung der armen Länder. "Uns fehlt das Geld, die Feuerkraft. Unsere vielfältige Beratung wird von den Regierungen der armen Länder aber dankbar angenommen", unterstrich er.
Der Deutsche kritisierte auch die Haltung der reichen Länder in der festgefahrenen Welthandelsrunde. Zu Beginn der Gespräche 2001 in Doha, Katar, hätten die Reichen versprochen, die Entwicklungsländer besser und fairer in die Weltwirtschaft einzubinden. Offiziell heißen die Gespräche noch immer Doha-Entwicklungs-Agenda. "Die Reichen haben aber ihr Wort nicht gehalten", sagte Flassbeck.
Die Doha-Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation sind seit Jahren blockiert, weil die reichen Blöcke EU, USA und Japan ihre Agrarmärkte nicht für Produkte aus dem Süden öffnen wollen.