Islamisten bekennen sich zu Anschlägen in Nigeria
Das zweite Jahr in Folge explodieren in Nigeria zu Weihnachten Bomben in christlichen Gemeinden. Viele Gläubige haben Angst, zum Gottesdienst zu gehen. Der Staat will jetzt Kirchen besser schützen.
25.12.2011
Von Habiba Salihu und Shabtai Gold

Die Explosion zerriss die Luft am frühen Morgen des ersten Weihnachtstags. Die Bombe vor der St.-Theresa-Kirche detonierte in dem Moment, als sich Hunderte Gläubige zum Gottesdienst versammelten, berichtete der britische Sender BBC. Sekunden später ein Bild des Grauens: Verstümmelte Leichen, brennende Autos, die Kirche und nahe Gebäude schwer beschädigt.

Die Kirche fasst bis zu 1.000 Menschen und soll stark beschädigt worden sein. Es ist wahrscheinlich, dass die Zahl der Opfer weiter steigen wird. Ein Behördensprecher sagte, es fehlten Fahrzeuge, um die Toten und Verletzten zu bergen.

Ein Mann, der seine Schwester bei dem Anschlag verlor, schildert die Ereignisse so: "Als wir aus der Kirche kamen, ging ich noch einmal zurück, weil ich eine Weihnachtskarte vergessen hatte. Kurz darauf hörte ich einen Knall. Alles, was ich sah, war Rauch und Menschen, die schrien und herumliefen. Dann sah ich die Fetzen der Kleider meiner Schwester", erzählte Ndubuisi Chukemeka. Die Polizei in Madalla vermutet, dass eine Autobombe explodierte. Ein verdächtiges Auto habe kurz vor der Explosion nahe der Kirche geparkt, berichteten Augenzeugen.

Gläubige Christen flüchteten aus den Kirchen

Nach der Explosion liegt der erst vor wenigen Jahren neu gebaute Eingangsbereich in Schutt und Asche. Nur einige Polizisten bewachen den Ort der Zerstörung. Die Mitglieder der Kirchengemeinde stehen unter Schock. Viele von ihnen eilten in die Krankenhäuser, um ihren trauernden Mitgläubigen beizustehen.

Auch aus anderen Kirchen in der Hauptstadt flüchteten die Gläubigen aus Angst vor weiteren Anschlägen. Die radikalislamische Sekte Boko Haram bekannte sich zu dem Anschlag. Die Behörden befürchten eine koordinierte Angriffswelle auf Christen, denn nur wenig später ereigneten sich Angriffe auf eine Kirche in der Unruheregion Jos in Zentralnigeria sowie zwei Kirchen im Nordosten. Bei dem Angriff in Jos starb ein Polizist. Im Nordosten kam es in den vergangenen Tagen zu Gefechten zwischen Sicherheitskräften und Kämpfern von Boko Haram.

Die Gruppe lehnt den westlichen Lebensstil ab und tyrannisiert die Bevölkerung. Deshalb nahmen Sicherheitskräfte die Sekte in den vergangenen beiden Wochen wieder verstärkt ins Visier. Bei den Kämpfen sollen nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mindestens 50 Mitglieder getötet worden sein.

Die US-Botschaft in der Hauptstadt Abjua hatte deshalb am Freitag bereits vor möglichen Anschlägen gewarnt. Die Menschen sollten "vor allem rund um Kirchen" und anderen Orten mit großen Menschenansammlungen besonders wachsam sein, hieß es.

Vatikan: "Blinder und absurder Hass"

Der Vatikan verurteilte die Anschläge mit scharfen Worten. Die Taten zeugten wieder "von der Grausamkeit eines blinden und absurden Hasses, der keinerlei Respekt vor dem menschlichen Leben hat", erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi nach Angaben von Radio Vatikan.

Die Boko-Haram-Miliz liefert sich seit Donnerstag schwere Gefechte mit  Sicherheitskräften im Nordosten Nigerias, bei denen mehr als 60 Menschen ums Leben kamen. Es wird befürchtet, dass die Anschläge neue Unruhen zwischen Christen und Muslimen auslösen könnten. Jos liegt in der Grenzregion zwischen dem mehrheitlich muslimischen Norden und dem überwiegend christlichen Süden Nigerias. In der Vergangenheit hatte es dort wiederholt Ausschreitungen mit Hunderten Toten gegeben.

An Weihnachten 2010 hatte Boko Haram eine Reihe ähnlicher Anschläge in Jos verübt. Die ursprünglich nur lokal operierende Bewegung fundamentalistischer Islamisten hat in den vergangenen Monaten immer brutalere Angriffe verübt. Die Gruppe hat Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida.

Ende August hatte Boko Haram mit einem Selbstmordanschlag ein UN-Gebäude in der Hauptstadt Abuja in die Luft gesprengt. 23 Menschen starben. Der Name der Gruppe bedeutet "Alles Westliche ist Sünde". Ihr Gründer Mohammed Yusuf starb 2009 unter ungeklärten Umständen, nachdem die Polizei ihn festgenommen hatte.

dpa/epd