Weihnachten in Afghanistan: "Ich mache den Soldaten Mut"
Was beschäftigt eigentlich Soldaten in Auslandseinsätzen an Weihnachten? Wie verbringen die in Afghanistan stationierten Männer und Frauen der Bundeswehr das Christenfest - umgeben von einem isalmisch geprägten Umfeld? Der Militärseelsorger in Kabul, Jan Dirk Weihmann, weiß: Gerade an Weihnachten und in einer fremden Welt stellen sich Soldaten in Afghanistan die Frage nach dem eigenen Sein.
21.12.2011
Die Fragen stellte Agnes Tandler

Wie feiern Sie und die Soldaten Weihnachten in Kabul?

Jan Dirk Weihmann: Für die Soldaten spielen im Moment Pakete und Päckchen von Zuhause eine große Rolle. Ich habe mein Büro gleich gegenüber der Feldpost und sehe, wie viele Pakete abgeholt oder auch geschickt werden. Im Camp sehe ich viel Weihnachtsschmuck und Tannenbäume, sogar den einen oder anderen Adventskranz und jede Menge Süßigkeiten. Jeder hat etwas anzubieten, und jeder darf sich auch bedienen. Heiligabend nach dem Gottesdienst werde ich mich den Soldaten beim Essen in der Truppenküche anschließen, danach ein wenig in der Betreuungseinrichtung Gitarre spielen und eine kleine Andacht halten. Nach dem Spätgottesdienst werden wir unsere Familien anrufen und dann hoffentlich endlich unsere Pakete auspacken.

"Wir haben neben

den Plastikexemplaren

sogar einen echten Baum bekommen."

 

Gibt es einen besonderen Gottesdienst und wie wird er gestaltet?

Weihmann: Am Heiligen Abend gibt es einen Festgottesdienst am späten Nachmittag. Die Musiker der Bundeswehr werden spielen, und Soldatinnen und Soldaten werden ein von uns arrangiertes Krippenspiel ("Jesus feiert Weihnachten") aufführen. Wir haben auch einen kleinen Chor, der singen wird. Ich mache den Soldaten in meinen Gottesdiensten Mut, Advent einmal anders zu sehen, ohne Kommerz und Konsum. Andererseits spielt - und da schließe ich mich ausdrücklich ein - das "traditionell Deutsche" an Weihnachten im Ausland eine sehr große Rolle: also Stollen und Lebkuchen und natürlich auch Tannenbäume. Wir haben neben den Plastikexemplaren sogar einen echten Baum bekommen. Für mich ganz persönlich wird hier in der Fremde und angesichts der afghanischen Lebenswelt deutlich, wie weit wir von der Lebenswelt der biblischen Geschichte entfernt sind, und ich bin trotz aller Entfernung von zu Hause froh, mich dem Advent und seiner Aussage noch einmal "anders" nähern zu können.

Schauen Sie auch auf das Jahr 2011 zurück und erinnern an bestimmte Ereignisse in Afghanistan, die die deutsche Truppen betrafen?

Weihmann: Ich selbst bin noch nicht lange genug hier, um das vergangene Jahr überblicken zu können, aber ich nehme wahr, dass der zwanzigstündige Angriff der Taliban auf das Hauptquartier der ISAF in Kabul Mitte September unter den Soldaten weiter Thema ist.

epd