Zwei Aktivisten des Arabischen Frühlings haben in einer bewegenden Zeremonie in Straßburg den Sacharow-Preis des EU-Parlaments entgegengenommen. Parlamentspräsident Jerzy Buzek würdigte am Mittwoch den Mut der insgesamt fünf ausgezeichneten Aktivisten, die sich in ihren Ländern - Ägypten, Syrien, Libyen und Tunesien - für Demokratie und den politischen Wandel eingesetzt haben.
Für die posthume Ehrung des tunesischen Gemüsehändlers Mohammed Bouazizi, der sich 2010 angezündet hatte und damit die Unruhen ausgelöst hatte, die zum Arabischen Frühling führten, legte das Parlament eine Schweigeminute ein - ebenso für alle, die nach Buzeks Worten "beim Kampf für Freiheit in der arabischen Welt ihr Leben verloren haben". Zwei Preisträger aus Syrien konnten nicht nach Straßburg reisen.
Sacharow-Preis "für die Freiheit des Geistes"
"Dies ist der Beginn einer neuen Ära in den Beziehungen zwischen Europa und der arabischen Welt, um ein gegenseitiges Verständnis zu erreichen", sagte die 26-jährige Bloggerin Asmaa Mahfus aus Ägypten in ihrer Dankesrede. Sie hatte über das Internet die Ägypter zum Protest auf dem Tahrir-Platz aufgerufen.
Mahfus war zusammen mit dem Libyer Ahmed al-Subair Ahmed al-Sanussi nach Straßburg gekommen. Der 77-jährige Al-Sanussi hat gegen die Diktatur gekämpft und verbrachte in Libyen mehr als 30 Jahre im Gefängnis. Heute gehört er zum Nationalen Übergangsrat. Die Menschenrechts-Anwältin Rasan Saituneh aus Syrien lebt im Untergrund. Ihr Landsmann, der politische Karikaturist Ali Farsat, konnte aus persönlichen Gründen nicht nach Frankreich reisen.
Der mit 50.000 Euro dotierte Sacharow-Preis des EU-Parlaments "für die Freiheit des Geistes" wird seit 1988 verliehen. Er hat einen hohen Symbolwert für die Empfänger. Die Auszeichnung soll ihnen Mut machen, im Kampf für Demokratie nicht aufzugeben - trotz Verfolgung, Folter oder Unterdrückung. Benannt ist der Preis nach dem sowjetischen Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow (1921-1989).
"Time" kürt Demonstrant zur "Person des Jahres"
Die Demokratiebewegung wurde auch vom US-Nachrichtenmagazin "Time" gewürdigt. Die Wahl der "Person des Jahres 2011" der New Yorker Zeitschrift fiel am Mittwoch auf eine anonyme Person. Gekürt wurde "Der Demonstrant" als Mensch, der das auslaufende Jahr am meisten geprägt habe.
Die Protestbewegung habe sich über den Nahen Osten nach Europa und die USA ausgedehnt, die globale Politik verändert und die Macht des Volkes neu definiert, erläuterte "Time" die Entscheidung. Chefredakteur Rick Stengel sagte, dass die breitesten Berichte von 2011 mit den Demonstranten zu tun hatten. "Sie leisteten Widerstand, stellten Forderungen, ohne aufzugeben, selbst wenn die Antwort in Form einer Tränengaswolke oder eines Kugelhagels kam."
Der "Mann des Jahres" - seit 1999 die "Person des Jahres" - wird seit 1927 von dem Magazin bestimmt. Vor einem Jahr war der Titel an den "Facebook"-Gründer Mark Zuckerberg gegangen. Zuvor waren unter anderen US-Präsident Barack Obama, sein Vorgänger George W. Bush, Bono von der Rockgruppe U2 sowie Amazon-Gründer Jeff Bezos auf das Deckblatt der traditionellen "Person of the Year"-Ausgabe im Dezember gekommen.