Unternehmen und Stadtverwaltungen wollen in so genannten Smart-City-Projekten alle Aspekte urbanen Lebens erfassen – von der Energieversorgung über die Verkehrssteuerung bis hin zur Gesundheitsversorgung. Die Vernetzung von Daten ist für die Entwicklung neuer Dienste wie etwa von Ver- und Entsorgungssystemen zentral. Ina Schieferdecker vom Fraunhofer Institut FOKUS glaubt: "Die Stadt von morgen wird verstanden als Stadt mit einer intelligenten, integrierten und vernetzten Infrastruktur." In vielen Smart-City-Projekten werden zurzeit Lösungen entwickelt, etwa in der "T-City Friedrichshafen", den "Siemens Liveable Cities" oder den "IBM Smart Cities for a Smarter Planet". Zu den internationalen Projekten gehören "Wien - Modellstadt für Mobilität" oder die Open-Data-Initiative in Großbritannien.
Der Vorteil: viele Akteure werden eingebunden
Das global agierende Ingenieurbüro Arup sieht zwei Herangehensweisen für die Entwicklung intelligenter Städte: Zum einen lassen sie sich in einem Top-Down-Ansatz planen, der mit einem strategischen Rahmenwerk beginnen und diesen in großen Stadtentwicklungsprojekten umsetzt. Der andere Ansatz besteht darin, spezifische verteilte Interventionen an Gebäuden, Mobilität oder offenen Daten vorzunehmen, um später diese miteinander zu verbinden. Der Vorteil von Open Data besteht darin, dass viele Akteure eingebunden werden können, so dass die Interessen vieler Beteiligter berücksichtigt werden können.
Zur Smart-City-Strategie in San Francisco gehört eine Anweisung des Bürgermeisters an die Verwaltung, alle städtischen Daten zu veröffentlichen, die nicht die Privatsphäre der Bürger verletzen. So können Bürger nun beispielsweise auf einer Kriminalitätskarte namens Spotcrime aktuelle Konfliktherde erkennen. Mit der mobilen App Routesy erhalten sie Echtzeitinformationen, wann der nächste Bus oder Zug kommt. Ende November wurde die Anweisung in ein Open-Data-Gesetz umgewandelt. Die Stadt Memphis ist die zweite Stadt in den USA, die ebenfalls ein solches Gesetz nun verabschieden will. Insgesamt unterhalten acht amerikanische Städte ein Open-Data-Repositorium.
Noch gibt es zu wenig Vernetzung
Noch gibt es viele Einzelprojekte, die separat voneinander betrieben werden, obwohl eine Vernetzung sehr nützlich wäre: So könnten Echtzeitinformationen aus dem öffentlichen Nahverkehrssystem mit Daten aus Parkhaussystemen, die freie Parkplätze anzeigen, sowie mit der Steuerung von Verkehrsflüssen verknüpft werden. Ein Nutzer könnte dann realistische Entscheidungen darüber treffen, auf welchem Weg er am schnellsten zu seinem Ziel gelangen kann. Hinzu kommen Daten aus der Energieversorgung und -nutzung, die bislang ebenfalls nicht öffentlich sind, aber die Entwicklung neuer Dienste ermöglichen könnten.
Das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) beschäftigt sich schon seit einer Weile mit seinen "Senseable City"-Laboren mit der Thematik. In Experimenten wurden verschiedene Echzeitinformationen aus verschiedensten Datenquellen miteinander kombiniert. Im nächsten Jahr will das MIT beispielsweise das Projekt "Copenhagen Wheel" in Serienreife starten. Hier soll Radfahrern die beim Bremsen frei werdende Energie über einen Elektromotor am hinteren Reifen wieder für Beschleunigungsaktionen zur Verfügung gestellt werden. Außerdem werden die Daten des hybriden E-Fahrrads an ein Smartphone übermittelt, dessen App Fitness-Daten des Fahrers auswertet, Verkehrsdaten generiert und die zurückgelegten Strecken über "Green Mile"-Bonus-System belohnen soll. Außerdem stehen dem Fahrer aktuelle Daten über Luftqualität, den Verkehrsfluss und Lärm zur Verfügung.
Ein anderes MIT-Projekt namens "Live Singapore" kombiniert Daten aus dem Mobilfunknetz, der Verkehrslage und dem Energieverbrauch. Damit werden in Echtzeit interaktive Karten erstellt, die den Stadtbewohnern Auskunft über günstige Verkehrsstrecken geben sollen. In Seattle zeigte das MIT mit dem Projekt "Trash Track", was mit Gegenständen geschieht, die auf dem Müll gelandet sind: Mit Hilfe von Sensoren, die an den Gegenständen befestigt wurden, wurde teilweise über Wochen der Weg verfolgt. So stellte sich heraus, dass sich der Müll über die gesamte USA verteilte, um irgendwann verbrannt oder wiederverwertet zu werden.
Christiane Schulzki-Haddouti lebt und arbeitet als freie Journalistin in Bonn.