"Unter Verdacht: Persönliche Sicherheiten", 16. Dezember, 20.15 Uhr auf Arte
Nach einem von allzu viel Botschaft geprägten Ausflug nach Italien ("Die elegante Lösung") ermittelt Eva Prohacek nun wieder im Freistaat. Die Filme aus der Reihe "Unter Verdacht" bewegen sich grundsätzlich auf bemerkenswertem Niveau, aber "Persönliche Sicherheiten" wäre bei den verschiedenen Auszeichnungen für Fernsehfilme unter Garantie ein Preiskandidat, wenn die Reihe und Hauptdarstellerin Senta Berger nicht schon so viele Preise bekommen hätte. Ohne Rücksicht auf bajuwarische Befindlichkeiten beschreiben die Autoren (Michael Gantenberg, Hartmut Block) den Freistaat Bayern als Bananenrepublik, in dem nach Herzenslust gekungelt und geklüngelt wird.
Drei vermeintlich ehrenwerte Männer
Im Zentrum der Ermittlungen stehen drei vermeintlich ehrenwerte Männer, die alle eine erhebliche Menge Dreck am Stecken haben. Allerdings dauert es eine Weile auert, bis Prohacek und ihr beflissener Mitarbeiter Langner (Rudolf Krause) das ganze Ausmaß des Sumpfs begreifen: Fast eine Viertelmilliarde Euro an blutigem Geld aus illegalen Waffenverkäufen ist über Umwege in ein Konsortium geflossen, das eine Ölpipeline von Aserbeidschan nach Deutschland baut. Beteiligt an der gigantischen Geldwäsche sind ein Bankvorstand (Alexander Held), der Aufsichtsratsvorsitzende des Konsortiums (Michael Brandner) und ein serbischer Volksheld (Mark Zak).
Die Geschichte ist nicht leicht zu durchschauen, aber hochinteressant. Ein schlichter, aber ungemein wirkungsvoller Einfall sorgt dafür, dass die sonst so beherrschte Ermittlerin gründlich die Beherrschung verliert: Um Prohacek zu zwingen, die Nachforschungen einzustellen, lässt einer der Verbrecher ihre Nichte Pia entführen. Schon zuvor sorgen die gemeinsamen Gespräche über ihren vor Jahren bei einem Autounfall verstorbenen Sohn dafür, dass man die Kriminalrätin ungewohnt emotional erlebt; die junge Ella-Maria Gollmer hält sich neben der auch hier wieder großartigen Senta Berger erstaunlich gut. Der Rückgriff auf das Trauma, mit dem die Reihe vor neun Jahre startete, ergänzt die Geschichte ohnehin um eine berührende Ebene.
Trotzdem lebt auch dieser von Florian Kern bemerkenswert dicht und dank der Thriller-Elemente auch spannend inszenierte Film vom Kräftemessen der scheinbar heillos unterlegenen Kriminalrätin mit ihren Gegenspielern. Die durchwegs männlichen Antagonisten der Reihe halten sich bei ihren Machtspielen ja ohnehin stets für unbesiegbar, aber diesmal wähnen sich die Gangster in Nadelstreifen auch deshalb in Sicherheit, weil der Freistaat Bayern erhebliche Anteile am Pipeline-Konortium hält; von der Unterstützung durch eine ehrgeizige Staatsanwältin (Melika Foroutan) ganz zu schweigen. Eine schillernde Rolle spielt wie stets Prohaceks Chef: Beim stets um Zugang zu erlesenen Zirkeln bemühten Herren-Reiter (Gerd Anthoff) weiß man nie, wo er steht, weil er grundsätzlich den eigenen Vorteil im Auge hat und seiner Untergebenen nur dann den Rücken stärkt, wenn sich ihre Arbeit mit seinen persönlichen Animositäten decken.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).