Filmkritik der Woche: "Mission: Impossible"
Regisseur Brad Bird hat bisher verspielte Animationsfilme wie "Ratatouille" gedreht. Bei "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" lässt er es richtig krachen und haucht der nach drei Teilen erlahmten Action-Serie mit Tom Cruise neues Leben ein.
13.12.2011
Von Kai Mihm

Vor 16 Jahren startete der erste "Mission: Impossible"-Film in den Kinos, erklärtermaßen als Beginn einer Reihe angelegt. Allerdings waren die Produktionen der ersten drei Teile von Querelen und Problemen begleitet, immer wieder wurde über ein Aus der Serie spekuliert. Auch die Idee, jeden Film durch die ganz persönliche Stilistik eines Regisseurs zu prägen, ging mitunter nach hinten los. Besitzt Brian De Palmas erster Teil eine altmodische Finesse, die auch heute noch begeistert, so wirkt John Woos "M:I-2" wie eine unfreiwillige Selbstparodie. Im Gegensatz dazu zeichnete sich Teil 3 von J.J. Abrams vor allem dadurch aus, dass er überhaupt keine individuelle Handschrift erkennen ließ.

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Ganz anders der neueste Streich von Brad Bird, der nach drei meisterhaften Animationsfilmen - "Der Gigant aus dem All", "The Incredibles" und "Ratatouille" - hier sein Debüt als Realfilmregisseur gibt. Bereits in "Die Unglaublichen" bewies er ein unerhörtes Talent für Actionszenen, ohne dabei die Figuren aus dem Blick zu verlieren.

Dementsprechend lässt er in seinem "Mission: Impossible" den schmerzlich vermissten Teamgeist der Serie aufleben und stellt Tom Cruise eine Crew aus echten Charakterköpfen zur Seite. Jeremy Renner ("Tödliches Kommando - The Hurt Locker") als smarter Analytiker, Paula Patton ("Precious") als schlagkräftige Feldagentin und Simon Pegg als High-Tech-Zauberer (bereits in "M:I -3") gewinnen im Lauf des Geschehens immer mehr an Profil, und zum ersten Mal verlässt man das Kino mit dem Gefühl, dass man dieses Team gerne wieder in gemeinsamer Aktion sehen würde.

Die Grundlinie des Plots ist simpel. Nach einem missglückten Einsatz im Kreml gerät Ethan Hunt (Tom Cruise) als vermeintlicher Terrorist selbst ins Visier und muss mit seinen Gefährten einen Plan austüfteln, um den wahren Bösewicht zur Strecke zu bringen. Wenngleich das Drehbuch in einigen Motiven direkt an "Mission: Impossible 3" anknüpft, erinnert Birds Film in vielen Szenen vor allem an den ersten Teil der Reihe: vom Auftakt in einer osteuropäischen Metropole über einen nahezu geräuschlosen Einbruch bis hin zum aberwitzig überdrehten Finale.

Enormes Tempo mit angenehmer Gelassenheit

Das wirkt gleichwohl in keinem Moment epigonal, sondern eher wie der geglückte Versuch, die Qualitäten des Eröffnungsfilms für die heutige Zeit zu adaptieren und eine gewisse Kontinuität in die Serie zu bringen. Auch die Kameraarbeit von Robert Elswit ("There Will Be Blood") erinnert mit ihrer enormen Tiefenschärfe, den majestätischen Flügen und den ausschweifenden Fahrten eher an Brian De Palmas klassizistische Eleganz als an Woos pubertäres Pathos oder Abrams' nervöse TV-Ästhetik.

Die Inszenierung legt ein enormes Tempo vor, dennoch strahlt das Ganze eine angenehme Gelassenheit aus. Mit origineller Eigenwilligkeit wechselt Bird den Tonfall, inszeniert etwa die Rückblenden auf einen missglückten Einsatz theatralisch wie ein Bühnenstück oder einen tödlichen Zweikampf als comichafte Slapstick-Nummer. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang auch die Arbeit des Cutters Paul Hirsch, der dafür sorgt, dass man selbst bei komplexen Monategesquenzen nie den Überblick verliert.

"Phantom Protokoll" mag nicht die intellektuelle Doppelbödigkeit des ersten Films von De Palma haben. Aber nach den beiden holprigen Sequels legt Brad Bird einen mehr als souveränen Neustart vor.

USA 2011. Regie: Brad Bird. Buch: Josh Appelbaum, André Nemec. Mit: Tom Cruise, Jeremy Renner, Paula Patton, Michael Nyqvist, Ving Rhames. 132 Min. FSK: ab 12.

epd