Kanada steigt aus dem Kyoto-Protokoll aus
Nur wenige Tage nach der Weltklimakonferenz in Durban hat Kanada überraschend seinen Ausstieg aus dem Kyoto- Protokoll erklärt. In der evangelischen Kirche ist das Ergebnis des Weltklimagipfels mit Enttäuschung aufgenommen worden.

Umweltminister Peter Kent erklärte am Montagabend in Ottawa vor Journalisten, das Kyoto-Protokoll sei für Kanada "ein Ding der Vergangenheit". Sein Land mache von seinem Recht Gebrauch, sich offiziell von Kyoto zurückzuziehen.

Damit ist Kanada, das zweitgrößte Land der Welt, das erste, das dem internationalen Klimaschutzabkommen noch vor dessen Ablauf im Dezember 2012 den Rücken kehrt. In kanadischen Medien war schon vor Durban darüber spekuliert worden, dass die konservative Regierung von Premierminister Stephen Harper diesen Schritt plane. Allerdings war ein späterer Zeitpunkt vermutet worden.

"Kyoto ist ein Hindernis"

Beim Klimagipfel in Durban hatten sich die Teilnehmer am Wochenende auf eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls - die Vereinbarung über die Reduktion von Treibhausgasen - und ein anschließendes Nachfolge-Abkommen geeinigt.

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Kanada, Russland und Japan hatten jedoch schon im vergangenen Jahr signalisiert, dass sie die Verlängerung nicht unterzeichnen wollten. Dass die Regierung in Ottawa bereits jetzt das Aus erklärt, dürfte nach Meinung von Experten auch finanzielle Gründe haben. Mit dem Ausstieg vor dem Jahresende vermeidet Kanada, wegen Nicht-Erfüllung seiner Zusagen zum Abbau von Treibhausgasen noch Strafen zahlen zu müssen.

Umweltminister Kent gab dagegen folgende Begründung: "Das Kyoto-Protokoll bezieht die USA und China, die beiden Länder mit dem größten Ausstoß (von Treibhausgasen), nicht mit ein und kann deshalb nicht funktionieren. (...) Es ist inzwischen klar, dass Kyoto nicht zu einer globalen Lösung für den Klimaschutz führt. Wenn überhaupt, ist es ein Hindernis", sagte der kanadische Minister bei einer Pressekonferenz im Parlament.

Buß: Klimaschutz in quälendem Schneckentempo

In der evangelischen Kirche ist das Ergebnis des Weltklimagipfels mit Enttäuschung aufgenommen worden. Der westfälische Präses Alfred Buß sagte dem epd, der Kompromiss von Durban bedeute "Klimaschutz in quälendem Schneckentempo". "Bis dahin wird viel Dreck in die Atmosphäre geblasen", befürchtet der Theologe. Auch der nordelbische Umweltpastor Thomas Schaack reagierte mit Kritik auf die Beschlüsse der 194 Teilnehmerstaaten im südafrikanischen Durban.

Die UN-Klimakonferenz, die nach zweiwöchigen Verhandlungen am frühen Sonntagmorgen zu Ende gegangen war, hatte einen Fahrplan für ein neues weltweites Klimaabkommen beschlossen. Bis 2015 soll ein neuer Klima-Vertrag ausgehandelt werden. Er soll Klimaschutz-Ziele für alle Länder mit hohem Treibhausgas-Ausstoß enthalten. Damit wären auch die USA und große Schwellenländer wie China in der Pflicht. Spätestens 2020 soll das Abkommen umgesetzt werden.

Der Kompromiss sei "ein enttäuschendes Ergebnis, aber besser als gar nichts", sagte Präses Buß in Bielefeld. Als positiv bewertete er, dass das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll verlängert wird. Zugleich bedauerte er, dass dabei die Hauptverursacher klimaschädlicher Emissionen wie die USA, Japan, Kanada, Russland, aber auch China, Brasilien, Indien und andere Schwellenländer nicht dabei seien. "85 Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes sind auch weiterhin nicht geregelt", kritisierte Buß.

Nach dem Weltklimagipfel sieht Buß eine noch größere Verantwortung für Europa und Deutschland. "Wenn die hoch entwickelte Weltregion Europa in der Lage ist, das Dinosaurier-Zeitalter der fossilen Energie hinter sich zu lassen, dann ist das ein wichtiges Zeichen für den globalen Klimaschutz", erklärte er. Europa und besonders Deutschland könnten dabei global Vorreiter sein. In Deutschland seien mit dem beschlossenen Atom-Ausstieg die Weichen für mehr Klimaschutz gestellt, es müsse der "Einstieg in eine klimaschonende Energieversorgung" folgen.

Schaack: "Zufrieden kann man damit nicht sein"

Auch Nordelbiens Umweltpastor Schaack kritisierte die Beschlüsse der UN-Klimakonferenz. "Zufrieden kann man damit nicht sein", sagte er dem epd. Erneut sei das Dilemma internationaler Klimaverhandlungen offen gelegt worden: Es gebe einen erheblichen Leidensdruck von den jetzt schon betroffenen und ärmsten Ländern. Auf der anderen Seite stünden die sich verweigernden Schwellenländer wie China und Industriestaaten wie die USA.

"Immerhin ist eine Absichtserklärung für eine Vereinbarung ab 2020 geplant und ein Hilfsfonds für die ärmsten Staaten zur Anpassung an den Klimaschutz angeschoben worden", sagte der evangelische Theologe. Es seien aber weder die Inhalte eines neuen Klimaschutzabkommens deutlich noch sei geklärt, woher die Gelder für die Hilfsfonds kommen sollen.

dpa/epd