Es ist jetzt fast genau ein Jahr her, dass der heute 24-jährige Samuel Koch bei "Wetten, dass..." stürzte - und sich so schwere Verletzungen zuzog, dass er seither an Armen und Beinen gelähmt ist. Es war der 4. Dezember 2010, als Millionen Zuschauern vor den Fernsehbildschirmen der Atem stockte, weil der junge Mann bei dem Versuch, mit Sprungfedern an den Füßen über fahrende Autos zu springen, stürzte und nicht wieder aufstand.
Am 9. Dezember 2011 - ein Jahr und fünf Tage nach diesem schicksalsreichen Moment - ist Samuel Koch wieder auf einer Showbühne aufgetreten. Für den ZDF-Jahresrückblick "Menschen 2011" spricht er in Grünwald bei München mit Hape Kerkeling. "Ich will auf jeden Fall irgendwie weiter machen und nicht stehen bleiben - und aktiv sein", sagt er und erzählt von seinen Plänen, seine alte Schauspielschule in Hannover wieder zu besuchen. Am Fecht-, Reit- und Tanzunterricht könne er zwar nicht mehr teilnehmen, aber mit seinen Dozenten suche er nach Alternativen. Gerade hat er eine Orientierungswoche hinter sich. "Es ist ein Experiment", sagt der 24-Jährige.
Allein - mit dem Körper zusammen
Vorher hat ein Einspielfilm Bilder aus dem alten Leben von Samuel Koch gezeigt: Ein außergewöhnlich sportlicher junger Mann beim Turnen erscheint auf dem Bildschirm. Es sind Bilder, die der Fernsehzuschauer schon oft gesehen hat - aber es sind auch Bilder, die es so nie wieder geben wird.
Samuel Koch selbst scheint das auch ein Jahr nach seinem tragischen Unfall noch nicht ganz glauben zu können. "Ich kann mich leider noch nicht so ganz mit meinem Körper identifizieren", sagt er. "Ich fühle mich schon unwohl, wenn ich allein in meinem Zimmer bin, mit dem Körper zusammen." Darum stehe er - der Schauspielschüler und ehemalige Hobbyturner - heute eigentlich nicht mehr gerne in der Öffentlichkeit.
Der Unfall habe für ihn vor allem eins bedeutet: einen Sturz "von 120 auf minus 10". Was das heißt, zeigt sich an einer kleinen Episode: Als sich alle Teilnehmer der ZDF-Sendung zum Schluss zu einem gemeinsamen Foto versammeln sollen, steht Samuel Koch im Flur, eine blonde junge Frau steht hinter seinem Rollstuhl. Ein Mitarbeiter ruft ihr über Samuels Kopf hinweg zu: "Wir brauchen den Samuel noch mal." Samuel selbst spricht er gar nicht erst an.
Der Glaube gibt ihm Mut und Zuversicht
"Für jeden ist es schrecklich, seinen Körper zu verabschieden, und ja, für mich ist es irgendwie noch ein Stück härter, gerade wegen der bewegungsreichen Vergangenheit", sagt Samuel Koch. Heute kann er seinen Kopf und die Schultern bewegen und - so heißt es in einem Filmbeitrag beim Jahresrückblick - mit leichtem Antippen der Räder seinen Rollstuhl steuern. "Von den Vitalfunktionen bin ich auf jeden Fall wesentlich fitter geworden. Ich kann nach wie vor spontan atmen und sprechen, was ich sonst nicht konnte", sagt er. "Die Halswirbel scheinen sich auch zu bessern."
Über die ungeheure Kraft des jungen Mannes ist viel geredet und noch mehr geschrieben worden - auch darüber, dass er viel davon aus seinem Glauben zieht. Er wisse, dass er nie allein sei, sagt Samuel Koch auch bei Kerkeling. "Das gibt mir Kraft und Mut und Zuversicht und deshalb macht Selbstmitleid nicht so viel Spaß."
Und noch eins habe ihm sehr geholfen: die Anteilnahme der Bevölkerung. "Ich freue mich eigentlich täglich noch über Post und ehrliche Anteilnahme. Das hat mich ein Stück weit schon auch durchgetragen. Es ist schon ein kleines Privileg - im Vergleich zu Zimmernachbarn oder so."
Hinter der Bühne trifft Samuel Koch auf Joachim "Blacky" Fuchsberger. Der 84-Jährige, der zuvor mit Kerkeling über den Tod seines Sohnes gesprochen hat, beugt sich über den 60 Jahre Jüngeren und drückt ihm einen Kuss auf die Wange. "Junge, was habe ich mit Dir gelitten", sagt er. Und: "Ich wünsche Dir von Herzen alles, alles Gute."