Spendenmuffel oder nicht: Wem gebe ich mein Geld?
Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Doch für was und für wen soll man spenden? Wie trifft man die richtige Entscheidung? Und macht es überhaupt Sinn, sich nur einmal im Jahr zu engagieren?
09.12.2011
Von Franziska Fink

"Die Deutschen halten sich für Spendenweltmeister. Das sind wir aber nicht," sagt Claudia Cornelsen von Phineo, einem unabhängigem Analyse- und Beratungshaus für den gemeinnützigen Sektor in Berlin. Noch nicht einmal 40 Prozent der Deutschen spenden jährlich für einen gemeinnützigen Zweck, und dann auch nur einen kleinen Bruchteil ihres Gehalts, nämlich weniger als 0,4 Prozent. Damit liegt Deutschland deutlich hinter Ländern wie den Niederlanden (0,9 %), Großbritannien (1,1 %), Schweiz (1,2 %) oder den USA (2,0 %). "Für so ein reiches Land, liegen wir eher unter unseren Möglichkeiten was die Spendenbereitschaft angeht," bekräftigt auch Cornelsen.

Emotionales Spenden hilft nicht langfristig

Die Deutschen sind vor allen Dingen emotionale Spender. Katastrophen, die durch die Medien gehen, wie zum Beispiel Überflutungen oder Erdbeben, lösen regelmäßig eine hohe Spendenbereitschaft aus. Auch in der Weihnachtszeit, wenn "wir alle weich werden ums Herz und uns vielleicht ein bisschen schämen ob unseres Glücks, geben wir was ab", analysiert Cornelsen. Doch gerade dieses Verhalten stellt sich als problematisch heraus und muss hinterfragt werden, denn es zeigt, dass wir Deutschen nicht gelernt haben, mit unserer Spendenbereitschaft vernünftig oder reflektiert umzugehen.

"Das emotionale Spenden führt dazu, dass gerade Hilfsorganisationen, wenn es Anlass zum Tal der Tränen gibt, einen Batzen Geld bekommen und dann aber wieder lange nichts," so Cornelsen. Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Amnesty International engagieren sich aber kontinuierlich das ganze Jahr überall auf der Welt. Für gemeinnützige Einrichtungen wird es somit zu einem großen Problem, wenn sie nur unregelmäßig Spendengelder erhalten und diese dann auch noch zweckgebunden für ein bestimmtes Projekt in einem bestimmten Land sind. Dadurch ist langfristige Planung und eine sinnvolle Verteilung der Gelder oft nicht möglich.

Spenden muss man lernen

Das Spendenverhalten in Deutschland erklärt Cornelsen damit, dass wir "das Helfen nicht gelernt haben und auch sehr verwöhnt sind dadurch, dass der Staat immer alles gemacht hat oder auch die Kirchen." Als Zivilgesellschaft hätten wir soziales Engagement noch nicht richtig gelernt, im Gegensatz zu den USA, die eine viel längere Spendentradition hätten und wo Bürger deswegen auch mit einer viel größeren Selbstverständlichkeit Hilfe einfordern, aber auch Hilfe leisten würden.

Wie also sollte man vorgehen, wenn man sein Geld in soziale Projekte investieren möchte? Zuerst muss man sich überlegen, ob es vielleicht "wirkungsvoller ist, acht Euro im Monat - das sind dann zwar nur 96 Euro im Jahr - an jemanden zu geben, statt einmal 100 Euro," so Cornelsen. Die Vorteile einer solchen Regelungen liegen auf beiden Seiten. Hilfsorganisation können dadurch mit konstanten Beiträgen rechnen. Im Gegenzug informieren dann aber auch viele gemeinnützige Einrichtungen durch Newsletter, Jahresberichte und ähnliches ihre Spendenmitglieder über Fortschritte und Hilfsprojekte, so dass der Spender verfolgen kann, was sein Geld tatsächlich bewirkt hat.

Auf der Suche nach dem "richtigen" guten Zweck

Hat man sich einmal entschieden, einen bestimmten Betrag zu spenden, kann man sich auf die Suche nach einer Hilfsorganisation machen, die man unterstützen möchte. Dazu gehört natürlich, sich ausführlich zu informieren. Entscheidungshilfe bietet dabei die Spendenberatung des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI). Zum einen finden sich hier Spenden-Tipps wie eine "Checkliste für sicheres Spenden", aber auch eine Auflistung von gemeinnützigen Einrichtungen, die das DZI-Spendensiegel tragen. Das DZI-Spendensiegel ist in Deutschland das entscheidende Prüfsiegel für Spendenorganisationen und steht für Seriösität und Transparenz. Mehr als 260 Organisationen tragen zurzeit das Spendensiegel.

Bei seinen Untersuchungen legt das DZI den Schwerpunkt auf die sparsame, sinnvolle und satzungsgemäße Verwendung der Spendengelder. Allerdings ist die jährliche Siegelprüfung kostenpflichtig, was sich oft als Prüfungs-Hindernis für kleinere Organisationen herausstellt. Neu ist, dass seit November auf der Website außerdem Vereine aufgelistet sind, vor denen das DZI ausdrücklich warnt.

Auch Phineo legt die strengen Kriterien des DZI bei seinen Analysen an, geht aber noch einen Schritt weiter und beurteilt auch die Wirksamkeit von gemeinnützigen Einrichtungen. Zudem prüft Phineo unentgeltlich, so dass auch kleinere Vereine eingeschätzt werden können, die sich die Kosten der DZI-Zertifizierung nicht leisten können. Etwa 100 Organisationen, die zur besseren Orientierung in Themenfelder eingeordnet wurden, hat Phineo bisher für empfehlenswert eingestuft. Ein Spendometer hilft außerdem dabei herauszufinden, ob man Spendenmuffel oder Spendenchampion ist und erleichtert so, sich auf einen Spendenbetrag festzulegen.

Sich ausführlich mit dem Thema Spenden auseinanderzusetzen ist gar nicht so einfach und erfordert Zeit und Geduld. Aber gezielt und mit Verstand spenden zahlt sich aus - und macht mehr Freude.

In unserem Kreis "Thema des Monats" spricht die Community im Dezember über das Thema Spenden. Unser Gesprächspartner ist Ulrich T. Christenn, der als Pfarrer bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. die Sammlungen von Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Aktion Lichtblicke betreut.


Franziska Fink arbeitet als freie Journalistin bei evangelisch.de.