Innenminister starten wohl kein neues NPD-Verbotsverfahren
Die Innenminister beraten über einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Einige Politiker sind noch skeptisch. Zu einem neuen Verbotsverfahren werden sich die Innenminister wahrscheinlich noch nicht durchringen.

Die Innenminister von Bund und Ländern suchen eine gemeinsame Position zu einem möglichen Verbot der rechtsextremen NPD. Einen Beschluss für ein neues Verbotsverfahren wird es bei der bis Freitag andauernden Innenministerkonferenz (IMK) in Wiesbaden aber wohl noch nicht geben.

Die SPD-geführten Länder fordern zwar einen neuen Anlauf. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und andere Unionsminister warnen aber vor Schnellschüssen. Wahrscheinlich wird die IMK eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern auffordern, Kriterien für ein erfolgreiches NPD-Verbot zu entwickeln.

Die Innenminister der SPD-geführten Länder sprachen sich am Donnerstag einstimmig für ein NPD-Verbot aus. Das sagte ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) auf dpa-Anfrage in Mainz. Die unionsgeführten Länder sind aber zurückhaltend - sie werden wahrscheinlich nicht so weit gehen, weil sie das Risiko eines Scheiterns für zu hoch halten.

Warnung vor Schnellschuss

Im Jahr 2003 war ein erstes Verbotsverfahren an der Frage der V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD-Führung gescheitert. Die Debatte um einen erneuten Vorstoß war durch das Zwickauer Neonazi-Trio, dem zehn Morde angelastet werden, in Gang gekommen. Ein Parteiverbot muss beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden.

Ein Beschluss der Innenminister wäre zunächst ohnehin nur ein Signal: Nur Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat können einen Verbotsantrag stellen. Die Innenministerkonferenz müsste den Beschluss ohne Gegenstimme fassen, da das Prinzip der Einstimmigkeit gilt.

Bundesinnenminister Friedrich hatte vor der Konferenz noch einmal vor Schnellschüssen gewarnt. "Wenn man ein solches Verbotsverfahren macht, muss man wissen, dass man es gewinnen muss", sagte er. "Wenn man nicht gewinnt, wird die NPD triumphieren. Ich habe immer gesagt, das darf auf keinen Fall passieren." Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) sagte: "Wenn wir scheitern, weil wir zu schnell gewesen sind, haben wir alles falsch gemacht, was man falsch machen kann."

Kritik aus dem Norden

Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) kritisierte die skeptische Haltung einiger Länder zu einem neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. "Einzelne Landesfürsten der Union, allen voran die Innenminister Hessens und Niedersachsens, haben bisher leider alle Versuche blockiert, ein neues NPD-Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag). Deshalb werde es zunächst keinen einvernehmlichen Beschluss der Innenministerkonferenz dazu geben können. Auch im Bundesrat sei derzeit keine Mehrheit für ein neues Verbotsverfahren in Sicht.

Vor diesem Hintergrund forderte Neumann die Bundesregierung auf, den Verbotsantrag gegen die NPD beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. "Bei gutem Willen kann der Antrag auf ein NPD-Verbot noch im ersten Halbjahr 2012 in Karlsruhe eingereicht werden."

Die NPD hat für 2010 nach einer Übersicht der Bundestagsverwaltung 1,176 Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten. Darüber hatte zunächst der MDR Thüringen berichtetet. Bei der Berechnung der Summe werden nach dem Parteienfinanzierungsgesetz die Wählerstimmen der letzten Bundestags- und Europawahl sowie der 16 Landtagswahlen berücksichtigt. Für 2011 wurden bereits Abschlagszahlungen geleistet. Die Berechnung erfolgt in der Regel Ende Januar.

Grüne: "Verbot nicht auf die lange Bank schieben"

Die Grünen haben die Innenminister aufgefordert, die Weichen für ein neues NPD-Verbotsverfahren und für einen verschärften Kampf gegen Rechtsextremismus zu stellen. "Die Innenministerkonferenz muss einen entschlossenen und couragierten Beitrag leisten, um den rechten Sumpf trockenzulegen", sagte Parteichefin Claudia Roth am Donnerstag in Berlin anlässlich der Ministertagung in Wiesbaden. Dazu gehöre die Aufklärung möglicher Verwicklungen des Verfassungsschutzes, seiner V-Leute und anderer Behörden in den Nazi-Terror.

"Es muss auch die Grundlage dafür gelegt werden, ein neues, erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren anzugehen", sagte Roth. Fraktionschefin Renate Künast mahnte, ein Verbotsantrag nicht zu schnell auf den Weg zu bringen. "Aber es darf auch nicht auf die lange Bank geschoben werden." Sorgfältig geprüft werden müsse etwa, ob es sich bei den Kontakten zwischen NPD und gewaltbereiten Personen nur um einzelne Kontakte oder Mitgliedschaften handele.

dpa