Für 2012 häufen sich die Endzeitprophezeiungen
Zwischen Weltuntergang und Bewusstseinssprung: Nach esoterischen Auslegungen des Maya-Kalenders wird um den 21. Dezember 2012 herum Ungeheuerliches passieren. Die Prognosen reichen vom Ende der Menschheit bis zur Ankunft von Außerirdischen. Seriöse Wissenschaftler bleiben gelassen.
08.12.2011
Von Stephan Cezanne

Im Kultroman "Per Anhalter durch die Galaxis" wird die Erde für eine Hyperraum-Schnellstraße durchs All von Außerirdischen gesprengt. Die schrille Satire des Briten Douglas Adams (1952-2001) könnte - folgt man den Warnungen esoterischer Kreise - leicht abgewandelt bald Wirklichkeit werden. Grund: Im Dezember 2012 nähere sich der mysteriöse Planet Nibiru mit seinen Bewohnern, den Annunaki, der Erde. Rund alle 3.600 Jahre trete Nibiru in die inneren Regionen unseres Sonnensystem ein und verursache große Katastrophen, heißt es auf diversen Webseiten. Wissenschaftler halten das Ganze schlicht für Hirngespinste.

Voll Sorge blicken viele Esoteriker auch auf den Maya-Kalender, die bekannteste der Prophezeiungen im Umfeld des Datums 21. Dezember 2012: An diesem Tag ende abrupt der Langzeitkalender der alten mittelamerikanischen Kultur, heißt es. Dies sei zugleich das Ende der menschlichen Zivilisation, wird geraunt. Auch der Arzt und Astrologe Nostradamus soll bereits im 16. Jahrhundert für Ende 2012 großes Unheil prophezeit haben, genauso sollen die Hopi-Indianer eine Zeit großer Umwälzungen für dieses Schicksalsdatum vorausgesagt haben.

Maya-Kalendar fängt am anderen Tag bei Null an

Zahlreiche Autoren warnen in Büchern, Vorträgen und Internet-Blogs: Um den 21. Dezember 2012 herum passiere Außerordentliches - vielleicht eine ungeheuerliche Katastrophe, vielleicht ein Quantensprung des menschlichen Bewusstseins, auf alle Fälle eine Umwertung von allem, was bisher da war. Der Bestseller-Autor und Altmeister der Grenzwissenschaften Erich von Däniken (76) glaubt zwar nicht an einen Weltuntergang, allerdings rechnet er mit einer Rückkehr von Außerirdischen. "Es kann 2012 sein - muss aber nicht", heißt es auf der Homepage des Schweizers.

[listbox:title=Mehr im Netz[Die Skeptiker - Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften##NASA Astrobiology Program - Fragen und Antworten über außerirdisches Leben (auf Englisch)##Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen]]

Esoterik-Experte Bernd Harder rät zu Gelassenheit. "Die Behauptung stimmt ja gar nicht. Der Maya-Kalender endet ja nicht", sagt der Buchautor und Pressesprecher der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften dem epd.

"Unser Kalender endet ja auch nicht am 31. Dezember diesen Jahres, sondern er fängt einfach am anderen Tag wieder von vorne an", ergänzt Harder, der auch Chefreporter des Magazins "Skeptiker" ist. "Was nächstes Jahr endet, ist die sogenannte lange Zählung des Maya-Kalenders, die dauert 5.125 Jahre. Die läuft nach einer allgemeinen Übereinkunft nächstes Jahr am 21. Dezember aus und fängt am anderen Tag wieder bei Null an. Das ist alles." Offenbar ist die Aufregung um das Datum 21. Dezember 2012 auch eine Folge der Globalisierung.

Endzeitprophezeiungen in Zeiten von Social-Media

Überlieferte Prophezeiungen weit entfernter Kulturkreise rückten "ebenso in den Blickpunkt allgemeinen Interesses wie aktuelle Botschaften von Sehern, Schamanen und Visionären aller Art", erklärt der Völkerkundler und Buchautor Heinrich Dosedla mit Blick auf Facebook, Twitter und Youtube: "Mit der Abnahme der kirchlichen Autorität und den gleichzeitig rasant zunehmenden technischen Möglichkeiten zur Nachrichtenverbreitung wuchs auch die Zahl von Zukunftsverkündern aller Art samt deren verschworener Anhängerschaft", urteilt der 1945 geborene Sozialanthropologe.

Endzeiterwartungen seien einem "konjunkturellen Zyklus unterworfen", weiß der Historiker und Experte für neue religiöse Bewegungen, Christian Ruch (Chur/Schweiz). Das Herbeisehnen des Endes "tritt immer dann auf, wenn die Zeit und Umwelt als belastend, ja unerträglich erfahren werden". Apokalyptisches Denken sei "so etwas wie ein Notausgang aus der Gegenwart, Ausdruck des Empfindens, dass es 'so nicht weitergehen' kann", schreibt Ruch im "Materialdienst" der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen.

"KEINE PANIK"

Zu Spekulationen über einen Planeten Nibiru, der sich angeblich wieder einmal der Erde nähert und vor 3.600 Jahren schon für die zehn biblischen Plagen verantwortlich gewesen sein soll, verweist Harder auf David Morrison vom Nasa-Institut für Astrobiologie. Auf dessen Webseite heißt es: "Nibiru und andere Geschichten über unberechenbare Planeten sind Internet-Scherze." Es gebe dafür keine Basis an Fakten. Dennoch scheinen die Menschen weiterhin beunruhigt. Die Seite "Frage einen Astrobiologen" habe zu Nibiru mehr als 5.000 Anfragen erhalten.

In der Science-Fiction-Satire "Per Anhalter durch die Galaxis" treiben sich die Hauptfiguren Arthur Dent und Ford Prefect nach der Zerstörung der Erde im Kosmos herum. Zur Orientierung nutzen sie einen digitalen Reiseführer, auf dessen Hülle in großen Buchstaben steht: "KEINE PANIK."

 

Zum Weiterlesen:

Harder, Bernd: 2012 - oder wie ich lernte, den Weltuntergang zu lieben: Leitfaden für Endzeit-Liebhaber. Herder Verlag, rund 200 Seiten, Freiburg im Breisgau 2011.

Dosedla, Heinrich: Orakel, Seher, Visionäre - Weltuntergänge von der Sintflut bis 2012. Molden Verlag, 240 Seiten, Wien 2010.

Adams, Douglas: Per Anhalter durch die Galaxis, Heyne Verlag.

Ruch, Christian: Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende? - Apokalyptik versus Posthistorie. In: "Materialdienst" der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, 74. Jahrgang, 10/2011, Seit 381ff.

epd