"Social Radio": Hörerbindung mit Twitter, Facebook und Co
Soziale Netzwerke und Microblogging-Dienste erleichtern den Radiosendern den Dialog mit ihren Hörern und liefern der Redaktion zusätzliche Themen und Inhalte. Aber noch üben die Sender den Umgang mit Social Media.

Die Medienjournalistin Silke Burmester kritisiert herkömmliche Formen der Hörer-Einbindung im Radio. Bei live gesendeten Expertenrunden würden vor allem solche Hörer zugeschaltet, die nach zweieinhalb Minuten immer noch nicht auf den Punkt kommen, sagte Burmester am Dienstag bei den Frankfurter Hörfunkgesprächen. In solchen Sendungen gebe es "kaum ein Entkommen aus der Konfrontation mit der Unfähigkeit zum Deutsch".

Schräge, aber auch witzige Social-Media-Aktionen

Einen hohen "Fremdschäm-Effekt" machte Burmester bei Radiosendungen aus, in denen Hörer dazu motiviert werden, über privateste Details Auskunft zu geben. Diese Form der Selbstentblößung werde bei einschlägigen Shows im Privatfernsehen stets kritisiert, aber im Medium Radio gar nicht als Problem wahrgenommen, sagte die Journalistin, die unter anderem für die "tageszeitung" schreibt.

Als Beispiel für eine gelungene und moderne Form der Hörerbindung führte die Journalistin die Idee des Privatsenders Planet Radio an, über das Internet eine lokale Castingshow für Kreativ-Talente zu veranstalten. Dieses Projekt sei auch als "Beste Höreraktion" mit dem Deutschen Radiopreis 2011 ausgezeichnet worden, sagte Burmester, die selbst in der Preisjury saß. Im Netz werde stärker deutlich, dass Hörer mehr könnten als laut zu kreischen und umständlich zu sprechen. Die Ergebnisse der Social-Media-Aktionen der Radiosender seien "oft schräg, aber auch witzig und kreativ".

Moderator: Radio braucht Austausch mit den Nutzern

Radiosender dürfen nach Ansicht des Moderators Max von Malotki nicht einfach ihre Inhalte multiplizieren, wenn sie in Online-Netzwerken wie Facebook und Twitter aktiv sind. "Entscheidend ist der Rückkanal zu den Nutzern", sagte Malotki, der beim WDR-Programm 1Live moderiert, bei den Frankfurter Hörfunkgesprächen. Dies bedeute allerdings viel Arbeit, die parallel zu einer Live-Sendung nur schwer zu leisten sei.

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Hans Blomberg, Moderator des Privatsenders Big FM, sagte, bei den sozialen Netzwerken sei es wie früher beim Anrufbeantworter: "Jeder, der etwas sagt, erwartet auch eine Antwort." Für Moderatoren seien Social-Media-Angebote im Netz auch eine gute Möglichkeit, um Selbstkritik zu platzieren. Blomberg erklärte, er nutze für den Dialog mit Hörern nur noch Facebook, weil man dort ganze Profile habe und auch emotional kommuniziere. Twitter hingegen liefere "nichts Persönliches", sondern nur Kürzel und Kurznachrichten.

Malotki sagte, in der ARD sei die Arbeit mit Social Media kompliziert. Die 1Live-Moderatoren seien vor einiger Zeit aufgefordert worden, in den Sendungen nicht mehr auf ihre privaten Facebook-Seiten zu verweisen. Viele ARD-Sender verfolgten die Strategie, auf eigene Communitys im Internet zu setzen. Diese entsprächen aber häufig nicht den Standards und fänden deshalb nur wenig Nutzer.

Die Frankfurter Hörfunkgespräche standen in diesem Jahr unter dem Motto "Hörer binden, User fesseln - Radio in Zeiten von Social Media". Veranstalter sind das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt und das Marler Grimme-Institut. Unterstützt werden die Hörfunkgespräche von den Landesmedienanstalten in Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

epd