"Herr Pilipenko und sein U-Boot", 9. Dezember, 22.30 Uhr bei Arte
Wenn irgendetwas völlig aussichts- oder ganz besonders sinnlos erscheint, dann spricht man in der Ukraine von einem "U-Boot in der ukrainischen Steppe". Die Redensart hat Wladimir Andrejewitsch Pilipenko aus dem Dorf Jewgeniwl keine Ruhe gelassen. Zwanzig Jahre seines Lebens und eine Menge Rubel hat er investiert, um ein U-Boot zu bauen; mitten im ukrainischen Niemandsland. Dabei ist das einzige nennenswerte Gewässer weit und breit Pilipenkos Fischteich, immerhin tief genug, um darin zu ertrinken, wenn man nicht schwimmen kann; oder wenn man in einem U-Boot hockt, das womöglich nicht wasserdicht ist.
Road-Movie mit U-Boot
Über einen Freund, der als Redakteur für die Zeitschrift "Mare" arbeitet, hörte René Harder von dem ungewöhnlichen Projekt des Herrn Pilipenko. Der Regisseur beschloss, einen Film über den Ukrainer und sein laubfroschgrünes U-Boot "Delfin" zu drehen, das aussieht wie ein viel zu groß geratenes Badewannenspielzeug. Er kam gerade Recht zum ersten Stapellauf. Die Jungfernfahrt im Dorftümpel bescherte dem ukrainischen Aquanauten zwar nasse Füße, war aber ansonsten einen Triumph auf der ganzen Linie. Nun galt es nur noch, den Traum zu Ende zu träumen: Was ist schon ein Fischteich, wenn das Schwarze Meer nur ein paar Tagesreisen entfernt ist?
Es liegt auf der Hand, was den Regisseur an diesem Stoff gereizt hat. Ein Road-Movie mit U-Boot: Was will man mehr? Tatsächlich aber ist "Herr Pilipenko und sein U-Boot" keineswegs bloß das Porträt eines wunderlichen Ukrainers. Harder und sein Ko-Regisseur Hinrik Drevs nehmen sich immer wieder Zeit, um den Menschen aus Jewgeniwl beim Alltag zuzuschauen. Sie wirken sympathisch und zufrieden, haben sich allerdings offenbar ausnahmslos der Vernichtung von Wodka verschrieben.
Angenehmerweise kommt der Film komplett ohne einen jener allwissenden Kommentare aus, auf die gerade die Fernsehdokumentationen nicht verzichten können. Statt dessen sorgt eine vom Akkordeon geprägte Musik für viel Atmosphäre. Deshalb glaubt man Herrn Pilipenko sofort, wenn ihm die Erfüllung seines Traumes auch ein bisschen Sorgen macht: "Meine Seele wird zerspringen!". Am Ende ist dann alles viel unspektakulärer als erwartet, aber das kennt man ja aus Road-Movies: Der Weg ist das Ziel.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).