Nikolaus von Myra
Das heutige Nikolausfest geht auf Nikolaus von Myra (geboren um 270, gestorben angeblich am 6. Dezember 343) zurück. Er war der Bischof von Myra in Kleinasien, der heutigen Stadt Demre in der Türkei. Als Kirchenlehrer nahm Nikolaus am Konzil von Nizäa teil und genießt deshalb in der orthodoxen Kirche hohe Verehrung. Ebenso ist er für seine Wunder und Großherzigkeit bekannt. Die aus Byzanz stammende Kaiserin Theophanu brachte zu ihrer Hochzeit mit Kaiser Otto II. Reliquien aus ihrer Heimat mit und förderte so die Verehrung des Heiligen Nikolaus in Deutschland.
Nikolaus von Myra als Holzfigur von Tilman Riemenschneider in der Kirche St. Andreas in Ochsenfurt, Bayern. Foto: epd-bild/Martin Siepmann
Eine Vorlage für spätere Bräuche zum Nikolaustag ist diese Heiligenlegende, von der es verschiedene Überlieferungen gibt: Ein armer Mann hatte drei Töchter, denen er keine Mitgift geben konnte. In der damaligen Zeit hätten sie unverheiratet bleiben müssen. Als Nikolaus von der Not des armen Mannes hörte, entschloss er sich, ihm unerkannterweise zu helfen. Jede Nacht warf er einen Beutel mit Goldmünzen durchs Fenster hinein.
In der dritten Nacht wollte der Vater wissen, wer der Wohltäter sei und legte sich auf die Lauer. Als Nikolaus davon Kenntnis erhielt, warf er den Beutel mit den Goldmünzen nicht durchs Fenster, sondern durch den Schornstein ins Haus. Der Beutel landete in den Strümpfen der dritten Tochter, die diese gerade zum Trocknen am Kamin aufgehängt hatte.
Sinterklaas
Die holländische (zum Teil auch belgische) Variante des heiligen Nikolaus von Myra, der Sinterklaas, kommt der Legende nach zum 6. Dezember mit einem Schiff aus Spanien nach Holland gereist, legt dort jedes Jahr in einem anderen Hafen an und reitet anschließend auf einem weißen Pferd von Dach zu Dach. Gemeinsam mit seinem Helfer, dem Zwarte Piet, steigt Sinterklaas durch die Schornsteine in die Wohnungen herab. Dort hinterlässt er schon knapp drei Wochen vor Weihnachten die Geschenke für die Kinder.
Sinterklaas und der Zwarte Piet. Foto: Looi/wikipedia
Die Niederländer bereiten sich auf den Besuch des Sinterklaas vor, in dem sie Gedichte auswendig lernen und sogar selbst welche schreiben, denn nach der Tradition muss jedes Geschenk zusammen mit einem Gedicht überreicht werden. Obwohl der 6. Dezember in der niederländischen Weihnachtstradition eine so große Rolle spielt, ist dieser Tag kein Feiertag.
Ein holländischer Ort verweigert sich übrigens dem Sinterklaas-Brauch: Das Dorf Grou hoch im Norden feiert als einziger Ort der Welt weder Nikolaus noch Weihnachten, sondern erst am 21. Februar "Sint-Piter". Der Legende nach hat der Nikolaus auf seinem Ritt durch die Niederlande die Abzweigung nach Grou verpasst, weil der Fischerort so abgelegen war. Später soll er dann seinen Bruder Piter mit Geschenken geschickt haben. Der alte Volksbrauch um den Heiligen Piter wurde Anfang des 20. Jahrhunderts neu belebt, wobei der Heilige seinem Bruder Klaas recht ähnlich wurde: Er kommt hoch zu Ross, trägt einen roten Mantel und eine spitze Bischofsmütze und wird durch einen schwarzen Knecht begleitet.
Santa Claus (=Weihnachtsmann)
Niederländische Auswanderer brachten den Sinterklaas nach Nordamerika, wo der bärtige alte Mann in Santa Claus umbenannt wurde. Sein Erscheinungsbild veränderte sich, wurde von den Zeichnungen des Karikaturisten Thomas Nast geprägt und ab 1931 durch die Coca-Cola-Werbung weit verbreitet. Santa Claus ist ziemlich dick und trägt rote, mit weißem Pelz abgesetzte Kleidung: Hose, kurzen Mantel und Bommelmütze. Die Bischofsattribute Hut und Stab hat er abgelegt und ist damit im Gegensatz zum Geistlichen Nikolaus von Myra eine weltliche Figur geworden.
Der amerikanische Santa Claus bei der Reiseplanung. Foto: Coca Cola
Santa Claus wohnt am Nordpol, von wo er jedes Jahr in der Nacht zum 25. Dezember auf seinem Rentierschlitten zu den Menschen reitet, um - ganz wie der Sinterklaas - Geschenke durch die Schornsteine herabzulassen. Als europäischer Reimport wurde er zum "Weihnachtsmann" und macht hierzulande - was den Termin angeht - unserem Christkind Konkurrenz.
Dass der Glaube an Santa Claus nicht vergeblich sein kann, legte der New York Sun-Redakteur Francis Pharcellus Church im Jahr 1897 in einem Antwortbrief an die achtjährige Leserbriefschreiberin Virginia O'Hanlon überzeugend dar: "Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und die Großherzigkeit und die Treue." Der Briefwechsel wird jedes Jahr wieder in verschiedenen Zeitungen abgedruckt, auch in deutschen.
Väterchen Frost
Väterchen Frost – auf Russisch Ded Moros - ist eine osteuropäische Version des Weihnachtsmannes. Auch wenn Väterchen Frost seit dem 19. Jahrhunderts in russischen Märchen vorkommt und ursprünglich einen eigenen Winter-Charakter darstellte, erlebte er seine Hochkonjunktur als sozialistischer Ersatzweihnachtsmann in der Sowjetunion und den sozialistischen Satellitenstaaten.
Bloß nicht religiös: die russische Variante des Nikolaus, Väterchen Frost, in blau. Foto: Sergeev Payel/wikipedia
Die christlichen Weihnachtsferien wurden durch die Neujahrsfeierlichkeiten mit Väterchen Frost ersetzt, die Geschenke brachte zu sozialistischen Zeiten Ded Moros mit seiner Enkelin Snegurotschka, der Schneeflocke, und zwar in der gregorianischen Silvesternacht.
Um jeglichen religiösen Bezug zu vermeiden und eine Verwechselung mit dem Nikolaus auszuschließen, musste Väterchen Frost auf Stalins Geheiß einen blauen Mantel tragen. Trotz Wiedereinführung des orthodoxen Weihnachtsfestes nach dem Ende des Kommunismus wurde Väterchen Frost nicht in die Verbannung nach Sibirien geschickt, sondern erhielt ein eigenes Postamt in Weliki Ustjug.
Christkind
Volkskundlern zufolge ist das "Christkind" heute vor allen Dingen in katholischen Regionen verbreitet, während in den protestantischen Gegenden mit Ausnahmen von Nürnberg – hier gibt es den berühmten Christkindlmarkt - das Christkind durch den Weihnachtsmann abgelöst wurde. Früher war es genau umgekehrt. Martin Luther wandte sich in seiner Ablehnung der katholischen Heiligenverehrung gegen das Nikolausfest und verlegte für die Kinder den Tag der Bescherung auf Weihnachten. Die Geschenke bringt daher seit 1535 der "Heilige Christ" den protestantischen Kindern.
Irgendwas zwischen Mädchen und Engel: Das Christkind mit goldenem Haar und Engelsflügeln. Foto: piep/photocase
Der "Heilige Christ" war natürlich Jesus Christus. Mit der Zeit entwickelte sich dieses Christkind jedoch weiter. Aus dem neugeborenen Jesuskind wurde eine engelsgleiche Erscheinung. Darstellungen zeigen ein heranwachsendes Mädchen mit goldenen Locken, dessen weißes Gewand für Reinheit und Unschuld steht.
In dieser Gestalt findet das Christkind Eingang in die katholische Tradition, während Protestanten in der Regel dieses engelsgleiche Christkind gegen den aus den USA bzw. Niederlanden reimportierten Weihnachtsmann alias Sankt Nikolaus eintauschen.
Los Reyes
Auch wenn amerikanische Sitten immer mehr Einzug in Mexiko erhalten, so ist doch das Fest der Heiligen Drei Könige – auf Spanisch: Los Reyes – der Tag der Bescherung für Kinder in Mexiko und in Teilen Lateinamerikas und Spaniens. So wie das Jesuskind in der Krippe von den Heiligen Drei Königen Weihrauch und Myrrhe als Geschenke erhielt, werden auch die Kinder von den Königen beschenkt. Am Vorabend des Dreikönigsfest, also am 6. Januar, stellen Kinder mit Heu gefüllte Schuhe vor die Tür – das Heu benötigen die Reittiere der Könige aus dem Morgenland als Wegzehrung. In die Stiefel legen die Eltern dann Geschenke.
Biblische Geschenke-Überbringer: Die drei Weisen aus dem Morgenland, aus denen später drei Könige wurden. Foto: iStockphoto
Der Dreikönigstag selbst wird als Fest in der Großfamilie gefeiert. Traditionell gibt es zum Abendessen die "Rosca de reyes" – dies ist ein süßer Hefekuchen, in dem ein Püppchen eingebacken ist. Die Kranzform der mexikanischen Rosca de reyes stellt eine Krone dar. In Spanien werden auch kandierte Früchte zum Backen benutzt. Sie symbolisieren die Juwelen der Königskrone.
Nach biblischer Überlieferung endet Jesu Geburtsgeschichte damit, dass seine Eltern Josef und Maria ihn in den Tempel bringen, um ihn Gott zu weihen. Im Gedenken daran feiert man das Fest der Darstellung des Herrn – das auch Mariä Lichtmess genannt wird. Das Püppchen in der "Rosca de reyes" stellt das Jesuskind dar. Wer es im Kuchen findet oder beim Schneiden darauf trifft, muss zum Abschluss der Weihnachtszeit zu Mariä Lichtmess am 2. Februar zu sich nach Hause zu einer Party einladen. Natürlich freuen sich auch mexikanische Kinder über Geschenke, aber noch viel wichtiger sind die Familienfeiern, zu denen das Weihnachtsfest vielfältigen Anlass bietet.