Klimagipfel: Merkel warnt vor überspannten Erwartungen
Nach der ersten Verhandlungswoche beim Weltklimagipfel im südafrikanischen Durban haben Politiker und Umweltschutzorganisationen eine durchwachsene Zwischenbilanz gezogen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) räumte ein, sie rechne nicht mit großen Erfolgen. Man müsse die "Erwartungen etwas herunterschrauben", erklärte Merkel am Wochenende in ihrer wöchentlichen Videobotschaft im Internet. "Wir wissen, dass die Schwellenländer zurzeit nicht bereit sind, bindende Reduktionsverpflichtungen im Bereich der CO2-Emission einzugehen."

Es gehe jetzt darum, den am stärksten betroffenen Ländern "eine schnelle Finanzierung bestimmter Projekte zu ermöglichen", sagte die Bundeskanzlerin mit Blick auf eine Verbesserung das Waldmanagements, da Wälder Speicher für Kohlendioxid sind. "In diesen Fragen können wir Fortschritte erreichen. Leider nicht in der wirklich wichtigen Frage, der Verlängerung des Kyoto-Protokolls."

Hermann Ott, klimapolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte die Aussagen Merkels. Die Bundeskanzlerin habe dem Klimaschutz in ihrer Videobotschaft "einen Bärendienst erwiesen". Wer die Möglichkeit zumindest eines Verhandlungsmandats von vornherein ausschließe, "der kann nicht ernsthaft verhandeln und wird - zu Recht - nicht ernst genommen." Der Hauptgrund für die festgefahrenen Verhandlungen sei die Weigerung der alten Industriestaaten, in Vorleistung zu gehen.

Durchwachsene Zwischenbilanz nach erster Verhandlungswoche

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte, es gebe noch keine substanziellen Fortschritte. "Zwar liegen Vorschläge für eine zweite Kyoto-Verpflichtungsperiode auf dem Tisch, jedoch enthalten sie noch keine Zahlen zur Minderung der CO2-Emissionen in den Industriestaaten. Das ist sehr unbefriedigend", erklärte die BUND-Expertin Ann-Kathrin Schneider am Samstag.

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf, nach seinem Eintreffen in Durban Deutschland und die EU stärker als Klimaschutz-Vorreiter zu profilieren. "Als positive Signale für die Verhandlungen in Durban sind die Anhebung des europäischen CO2-Minderungsziels auf mindestens dreißig Prozent bis 2020 und die Zusage für ein deutsches Klimaschutzgesetz von zentraler Bedeutung", sagte Weiger. Deutschland und die EU müssten das "politische Mikado" beenden und sich ohne Wenn und Aber für die Fortführung des Kyoto-Abkommens nach 2012 einsetzen.

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Röttgen wird an diesem Montag in Durban erwartet. Dort beraten Delegierte aus rund 190 Staaten noch bis Freitag über eine Nachfolgeregelung zum 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll. Die Gespräche auf Ministerebene, an denen Röttgen teilnimmt, sollen die Verhandlungen in der zweiten Gipfel-Woche entscheidend voranbringen.

Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, fordert einen anderen Verhandlungsstil der Europäer auf Klimakonferenzen. "Das Feilschen um Prozentpunkte ist nicht mehr zeitgemäß", sagte Flasbarth der Berliner Tageszeitung "Die Welt" (Samstagsausgabe). Für Europäer sei eine Verhandlung nur erfolgreich, wenn sie mit einer Vertragsunterzeichnung ende. Flasbarth: "Die Chinesen denken da ganz anders." Diese kulturellen Unterschiede müssten jetzt bei den Klimaverhandlungen im südafrikanischen Durban überwunden werden.

Auch bei den Verhandlungen mit den USA seien "diplomatisches Geschick" und die "richtige Tonlage" gefordert, fügte Flasbarth hinzu: "Moralische Appelle beeindrucken die Amerikaner wenig." Das europäische Bekenntnis "zum Wohle unserer Kinder und Kindeskinder" ziehe in den USA nicht. Flasbarth zufolge müssten die wirtschaftlichen Chancen des Klimaschutzes viel stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. So habe in Deutschland der Ausbau der erneuerbaren Energien rund 380.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

epd