Eine deutliche Mehrheit der Eltern von Kindern und Jugendlichen hält die geltenden Bestimmungen zum Jugendmedienschutz für zu lasch. Drei Viertel der Teilnehmer einer repräsentativen ZDF-Umfrage sprachen sich für schärfere Jugendschutzmaßnahmen aus. Vor allem die Eltern von 12- und 13-Jährigen machen sich Sorgen um deren Medienkonsum, geht aus der Studie hervor, die das ZDF am Montag in Mainz auf einer zweitägigen Tagung zum Jugendmedienschutz vorstellte.
Der Umfrage zufolge werden nicht alle Schutzmaßnahmen von den Eltern auch aktiv genutzt. Mindestalter-Angaben auf Verpackungen von Computerspielen oder DVDs werden demnach beim Kauf relativ häufig berücksichtigt: Technische Möglichkeiten, den PC- und Internetgebrauch durch Kinder zu begrenzen, sind dagegen einem großen Teil der Eltern unbekannt.
Ein Großteil der Eltern gab zudem an, darauf zu achten, dass ihre Kinder nach einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr fernsehen. Immerhin ein Fünftel der Befragten stimmte aber der Aussage zu, Sendezeitgrenzen für bestimmte Programme seien sinnlos, weil die Kinder sowieso fernsähen, wann immer sie wollten. Das Medien- und Marktforschungsunternehmen Enigma hatte für die repräsentative Studie 750 Mütter und Väter ausführlich befragt.
Präventionsmaßnahmen sinnvoller als Verbote
Medienexperten forderten auf der Fachtagung im ZDF-Sendezentrum am Mittwoch, Jugendliche und Eltern besser über Risiken im Internet aufzuklären. Für einen wirksamen Jugendmedienschutz im Internet seien Präventionsmaßnahmen sinnvoller als Verbote, sagte Murad Erdemir, Justiziar der hessischen Landesmedienanstalt: "Wer etwas gezielt sucht, findet es immer." Repressive staatliche Maßnahmen müssten sich auf kriminelle Inhalte wie extremistische Webseiten und Kinderpornografie konzentrieren.
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Dass staatliche Eingriffe in das Internet nur von begrenztem Nutzen sein könnten, bestätigte auch Petra Kain vom Polizeipräsidium Westhessen. Phänomene wie Cyber-Mobbing, die Verbreitung beleidigender oder demütigender Inhalte oder Fotos über das Internet könnten nur bekämpft werden, wenn Jugendlichen die Risiken des Internets bewusst seien. "Wir können Bilder aus dem Internet entfernen lassen", sagte sie, "aber wir können nicht die Handy-Speicher aller Schüler in Wiesbaden oder Hessen kontrollieren."
Organisationen sollen sich stärker für Jugendmedienschutz engagieren
Der Bischof der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, rief zu Beginn des zweitägigen Treffens gesellschaftliche Organisationen dazu auf, sich stärker für den Jugendmedienschutz zu engagieren. "Niemand kann einen Jugendmedienschutz wollen, der kleinen Kreisen überlassen bleibt oder zwischen Politik und Wirtschaft ausgehandelt wird und dem Diktat ökonomischer Interessen unterliegt", sagte er. Derzeit seien die Kirchen faktische die einzige unabhängige Stimme, die noch mit eigenen Prüfern in den Selbstkontrolleinrichtungen vertreten sei, beklagte er.
Ein ursprünglich geplanter neuer Jugendmedienschutz-Staatsvertrag war im vergangenen Dezember am Widerstand des nordrhein-westfälischen Landtags gescheitert. Das Regelwerk sah unter anderem Altersfreigaben für Online-Inhalte vor, die von anerkannten softwarebasierten Jugendschutzprogrammen ausgelesen werden sollten. Die Fachtagung "Quo vadis Jugendmedienschutz?" wurde gemeinsam von ARD, ZDF und den beiden großen Kirchen organisiert.