500 Menschen starben in diesem Jahr in Deutschland an den Folgen ihrer HIV-Infektion, über die Jahre zählte das Berliner Robert Koch-Institut 27.000 Todesfälle. 73.000 Menschen leben bei uns mit HIV oder Aids, 14.000 wissen noch nichts von ihrer Infektion und weltweit gibt es über 33 Millionen Infizierte. Hinter jeder einzelnen nackten Zahl verbirgt sich ein Mensch mit seinen Ängsten und Hoffnungen. Nachdem die Diagnose HIV-positiv bekannt wird, trifft sie eine Familie, einen Freundeskreis, eine Partnerschaft.
Deswegen ist der Welt-Aids-Tag am 1. Dezember im Jahr so wichtig: Einerseits um vor den Risiken der Ansteckung zu warnen und aufzuklären, wie man sich mit Safer Sex schützen kann, andererseits um den Betroffenen eine Stimme zu geben. Das Licht der medialen Öffentlichkeit muss die Menschen wach halten, nicht nur an diesem Tag. Zu hart sind noch immer die Abweisungen gegenüber den Betroffen, als dass die Seele sich von den Strapazen der Ächtung und Ausgrenzung erholen kann. Zu gefährlich und verführerisch bleibt aber auch für viele die Sorglosigkeit im Umgang mit der eigenen Sexualität. Erfreulich ist, dass sich in diesem Jahr in Deutschland weniger Menschen mit dem HI-Virus angesteckt haben, aber es sind immer noch 2.700 an der Zahl.
Aids ist eine chronische Krankheit und bleibt unheilbar
Medikamente gegen das Virus können verhindern, dass es sich im menschlichen Körper weiter ausbreitet. So kann eine Erkrankung gewissermaßen zum Stillstand gebracht werden. Ein positives Testergebnis ist heute kein Todesurteil mehr. Damit hat sich auch die Seelsorgearbeit gewandelt, von der Sterbebegleitung in den 1980er Jahren hin zur Lebenshilfe. Wer seine Medikamente regelmäßig einnimmt, ihre schweren Nebenwirkungen in Kauf nimmt, kann recht gut leben. Aids ist zu einer chronischen Krankheit geworden, aber bleibt unheilbar! Die Behandlung erfolgt lebenslang. Denn das Virus lässt sich nicht vollständig zerstören und aus dem Körper entfernen.
Paradox wirkt: Je besser die Krankheit behandelbar ist, umso schwerer scheint es Betroffenen zu fallen, öffentlich über sie zu sprechen, aus Furcht zum Außenseiter abgestempelt zu werden. Die Angst vor dem Elend der Einsamkeit ist aber groß. Zu verbreitet sind Schuldzuweisungen und falsche Vorstellungen, die mit sexuell übertragbaren Krankheiten verbunden sind. Aids wird zur Privatsache. Leben, arbeiten und lieben: all das geht heute bei uns mit HIV. Geholfen ist den Betroffenen aber nicht, wenn sie meinen, sich dabei verbergen zu müssen und ständig Angst haben, entdeckt zu werden.Flagge zeigen, um aus den Schatten in die Gemeinschaft treten zu können
Das Versteckspiel zeigt uns, wie verkrampft unsere Gesellschaft weiterhin mit der Krankheit umgeht. Viele Menschen fürchten, was sie nicht kennen. Deswegen ist die Aufklärung darüber, wie man sich mit dem HIV-Erreger ansteckt, lebensnotwendig: Für den einzelnen Menschen, wie auch für die Gemeinschaft. Daher ist auch die aktuelle Aufklärungskampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung so wichtig. HIV-Patienten zeigen auf Bildern, Plakaten und im Video ihr Gesicht, um Nichtinfizierte vor dem Ansteckungsrisiko zu warnen. Eine Mutter, ein junger Schwuler, ein im Arbeitsleben stehender Mann machen Betroffenen Mut, aus dem Schatten zu treten und sich in der Öffentlichkeit selbstbewusst zu zeigen, mitten in der Gemeinschaft zu leben.