Willkommen per Handschlag für Flüchtlinge aus Malta
Mit einer Sondermaschine aus Malta sind am Dienstag 147 Flüchtlinge in Nürnberg angekommen. Hauptsächlich Familien mit Kindern können nun ein neues Leben in Deutschland beginnen.
30.11.2011
Von Jutta Olschewski und Jasmin Maxwell

Corinna Wicher ist sichtlich erleichtert, als sie am Flughafen Nürnberg ankommt. "Ich hab' sie alle mitgebracht", sagt sie und umarmt ihren Chef Manfred Schmidt, den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Gerade ist die Referatsleiterin Wicher mit einer Maschine aus Malta in Nürnberg gelandet, in der 147 Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea, dem Sudan und Äthiopien saßen. Nun haben die Afrikaner das Land unter den Füßen, in dem sie einen Neustart beginnen können. Schmidt begrüßt jeden der Neuankömmlinge mit Handschlag, die Kinder mit Stupser und Lächeln.

Zwölf EU-Staaten und zwei weitere europäische Länder nehmen in diesem Jahr über 300 Flüchtlingen aus Malta auf. Die Afrikaner, die jetzt in Deutschland sind, kommen aus Somalia, Eritrea, Äthiopien und dem Sudan. Sie alle sind seit Ende März über Libyen nach Malta geflüchtet.

Auf dem Inselstaat ist seit Beginn der Libyenkrise die Zahl der Flüchtlinge stark angestiegen. Die Flüchtlingslager seien voll belegt, berichtet Wilfried Steen, der bis Juli Pfarrer der deutschen evangelischen Andreas Gemeinde auf Malta war. Die große Zahl an Flüchtlingen sei dem kleinen Inselstaat mit rund 420.000 Einwohnern nicht zuzumuten.

"Sie wissen, dass sie das große Los gezogen haben"

Die Flüchtlinge, die Deutschland aufnimmt, waren im Hal-Far-Lager untergebracht, teils in Containern und einem alten Hangar, teils in Zelten. Ein Besuch in dem Zeltdorf hat Karl Kopp, Europareferent der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Ende Oktober erschüttert. Manche der Zelte hätten Löcher gehabt, Matratzen seien regendurchnässt gewesen, berichtet er.

"Malta hat bei der Unterbringung von Familien große Probleme", berichtet auch der Präsident des Bundesmigrationsamtes, Schmidt. Die Aufnahme sei eine Solidaritätsaktion für Malta. Von der profitieren vor allem junge Familien und alleinstehende Mütter. Die maltesischen Behörden hätten sie nach Kriterien der "besonderen Schutzbedürftigkeit" ausgewählt, so eine Sprecherin des Bundesamts. Fünf Flüchtlinge kommen noch in ein paar Wochen nach. Sie könnten Malta vorerst nicht verlassen, weil eine Frau hochschwanger sei und eine andere gerade entbunden habe.

Unter den Flüchtlingen sind fast 40 kleine Kinder. Die größeren Jungen und Mädchen toben nach der Ankunft in Nürnberg durch die Flughafenhalle. Die Erwachsenen sitzen mit gespannten Gesichtern oder freundlich lächelnd in den Wartesesseln. Die Teilnahmeberechtigungen für Integrationskurse haben sie bereits in der Tasche. Sie müssen kein langwieriges Asylverfahren durchlaufen und werden nun auf die Bundesländer verteilt. "Sie wissen, dass sie das große Los gezogen haben", sagte Konstantin Jagow dem epd. Er ist Vorstandsmitglied Andreas Gemeinde, die eine Kleidersammlung für die Flüchtlinge organisiert hat.

"Hallo, guten Tag, hallo, guten Tag"

Die kurzen offiziellen Begrüßungsreden, die in der Geräuschkulisse von Babyweinen und spielenden Kindern fast ganz untergehen, werden in Arabisch, Tigrinisch, Eritreisch und Somalisch übersetzt. Einige der Erwachsenen können schon deutsche Brocken verstehen, sie haben auf Malta Sprachunterricht bekommen. Ein junger Mann ist sichtlich stolz auf seine Deutschkenntnisse: "Hallo, guten Tag, hallo, guten Tag", wiederholt er immer wieder und grinst.

Auch Flüchtlingsaktivisten freuen sich über die Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland. Asyl-Experte Karl Kopp kritisiert aber, dass Deutschland gleichzeitig weiter Flüchtlinge nach Malta abschiebt. Die Zustände in den Lagern auf Malta seien unzumutbar, sagt er.

epd