Jahrelang sind nicht nur Erzkonservative gegen erotische und esoterische Titel im Angebot des kircheneigenen Weltbild-Verlages Sturm gelaufen. Und jahrelang verhallte ihre Empörung weitgehend ungehört. Nach mehreren Medienberichten tobt jedoch seit Mitte Oktober ein heftiger Streit um das Geschäftsgebaren des Augsburger Unternehmens. Nun will die Kirche den Verlag so schnell wie möglich verkaufen.
Das Unternehmen mit rund 6400 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zuletzt mehr als 1,6 Milliarden Euro zählt zu den größten Buchhändlern Deutschlands und ist unter anderem an einem Internet-Buchhandel, einem Verlag und den Filialen der Buchkette Hugendubel beteiligt. Gesellschafter sind zwölf katholische Diözesen, der Verband der Diözesen Deutschlands und die Soldatenseelsorge Berlin.
"Unternehmen nicht im Sinne der Kirche sanierbar"
Am Montagabend beschlossen sie in Würzburg den Verkauf des Konzerns. Gleichzeitig tagte in der Stadt der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz. Die Gesellschafter enthoben drei Aufsichtsräte ihres Amtes und legten die Geschäftsführer an die kurze Leine. "Wir haben uns immer bemüht, den Anforderungen der Gesellschafter gerecht zu werden", sagte Weltbild-Chef Carel Halff nach der Entscheidung am Dienstag laut Mitteilung. Allerdings lasse sich das Angebot bei der Fülle der Titel im Internet nicht mehr "in vollem Umfang kontrollieren", betonte er.
Die Debatte der vergangenen Wochen hatten neben einem Artikel des Fachmagazins "buchreport" auch die Mitglieder des Forums Deutscher Katholiken angefacht. "Es ist unmöglich, das Unternehmen im Sinne der Kirche zu sanieren", sagte der Vorsitzende der streng konservativen Organisation, Hubert Gindert. Am Wochenende klinkten sich dann auch die Kardinäle Joachim Meisner aus Köln und Reinhard Marx aus München in die Debatte ein.
"Es geht nicht, dass wir in der Woche damit Geld verdienen, wogegen wir sonntags predigen", sagte Meisner. Der Kardinal, der auch im Kuratorium des Forums Deutscher Katholiken sitzt, gehört seit langem zu den Weltbild-Gegnern. Sein Bistum gab 2008 die Anteile an dem Konzern ab und verdient seitdem nicht mehr an den Geschäften von Weltbild.
Papst Benedikt XVI. erhob mahnend den Finger
Die Entscheidung zum Verkauf befeuerte nach Meinung von Kirchenexperten auch Benedikt XVI. "Der Druck auf die Bischöfe, etwas zu unternehmen, hat sich durch die Ermahnungen des Papstes bei seinem Besuch in Deutschland deutlich verstärkt", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands, Michaela Pilters. In Freiburg hatte Benedikt unter anderem dazu aufgerufen, "die Weltlichkeit der Kirche beherzt abzulegen". Anfang November forderte er zudem, die "Verbreitung von Material erotischen oder pornografischen Inhalts, gerade auch über das Internet, energisch einzuschränken".
Ob überhaupt und wenn ja welchen Käufer die 14 Weltbild-Gesellschafter finden werden, ist ungewiss. Bereits vor drei Jahren hatten sie schon einmal einen Anlauf gewagt - und waren unter anderem an der Wirtschaftskrise gescheitert. Damals waren die Medienkonzerne Holtzbrinck und Bertelsmann als Interessenten im Gespräch.