Während die Klima-Diplomatie um kleinste Fortschritte ringt, nimmt der globale CO2-Ausstoß rasant zu: So viele Treibhausgase wie im vergangenen Jahr wurden noch nie in die Luft geblasen, wie aktuelle Studien zeigen. Vielleicht wirkt diese Erkenntnis als Weckruf für die Delegierten, die vom 28. November bis 9. Dezember zum Weltklimagipfel im südafrikanischen Durban zusammenkommen.
Die Vertreter aus rund 190 Staaten stehen vor wichtigen Entscheidungen: Entweder gibt das Treffen den Anstoß zu einem neuen internationalen Klimavertrag. Oder der Kampf gegen die Erderwärmung bleibt in Zukunft womöglich auf freiwillige Maßnahmen beschränkt.
Denn die Verpflichtungen des bisher einzigen bindenden Klimaabkommens - des Kyoto-Protokolls - laufen im kommenden Jahr aus. Dieser Kontrakt schreibt für die Industriestaaten mit Ausnahme der USA eine Minderung der Treibhausgas-Emissionen um durchschnittlich 5,2 Prozent bis 2012 vor. Für Schwellenländer, etwa den weltweit größten CO2-Produzenten China, enthält das Dokument keine Vorgaben.
Ein umfassender Vertrag, für alle Klimasünder verpflichtend, scheiterte spektakulär
Die Einigung auf einen neuen umfassenden Vertrag, der alle großen Klimasünder in die Pflicht nimmt, scheiterte bei der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen spektakulär. China und die USA blockierten Fortschritte durch wechselseitige Forderungen. Ein Jahr später, im mexikanischen Cancún, feierten die Delegierten dann immerhin einen Achtungserfolg: Sie verabschiedeten ein Klimaschutzpaket, das wichtige Bausteine eines möglichen künftigen Abkommens enthält. Damit retteten sie den UN-Verhandlungsprozess und zeigten, dass Kompromisse in der Klimadiplomatie noch möglich sind.
Entscheidende Fragen aber sind weiter ungeklärt: Welche Rechtsform nimmt ein künftiges Vertragswerk an, welche Berichtspflichten gibt es, welche Kontrollmechanismen? Und welche Ziele zur Reduktion von Kohlendioxid sollen bindend sein? Fest steht: Die freiwilligen Maßnahmen der Staaten zur CO2-Minderung - festgehalten in den Beschlüssen von Cancún - reichen bei weitem nicht aus, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, wie von der Wissenschaft gefordert.
"Denkbar ist, dass am Ende der Konferenz eine 'Road Map', ein Fahrplan steht", sagt der Klimaökonom Reimund Schwarze von der Hamburger Denkfabrik "Climate Service Center". Darin könnten konkrete Schritte vorgezeichnet sein, die in den kommenden Jahren zu einer neuen Vertragsarchitektur führen.
Kanada, Russland und Japan lehnen die Verlängerung des Protokolls ab
Auch Jan Kowalzig, Klimaexperte bei der Entwicklungsorganisation Oxfam, hält eine "Paket-Lösung" für möglich: Die Delegierten könnten ein Mandat zur Aushandlung eines neuen völkerrechtlichen Instrumentes verabschieden - zum Beispiel bis 2015. Dieser neue Vertrag könnte Vorgaben für die Nicht-Kyoto-Staaten enthalten und parallel zum Kyoto-Protokoll bestehen. "Ein mögliches Szenario dabei wäre: China macht mit, so dass die USA am Ende isoliert wären."
Stellt sich die Frage, was in der Zwischenzeit mit dem Kyoto-Protokoll geschieht. Die EU reist mit dem Vorschlag einer zweiten, allerdings verkürzten Verpflichtungsperiode bis 2015 zum Klimagipfel. So soll die Zeit überbrückt werden, bis die umfassende Vertragsarchitektur steht. Allerdings haben Kanada, Russland und Japan bereits klar gemacht, dass sie eine Verlängerung des Protokolls generell ablehnen. Die Ausgangslage für die Verhandlungen ist also kompliziert: "Das Kyoto-Protokoll ist in schwerem Fahrwasser", sagt Klimaökonom Schwarze.
Neben der Vertragsform werden Finanzhilfen für arme Staaten im Mittelpunkt des Gipfels stehen. Die Weltgemeinschaft muss den globalen Klimafonds füllen, dessen Einrichtung in Cancún beschlossen worden war. Das Ziel: Ab 2020 sollen jährlich 100 Milliarden Dollar dafür zur Verfügung stehen. "Die Delegierten müssen sich jetzt überlegen, woher das Geld kommen soll", erläutert Oxfam-Experte Kowalzig. Es sei klar, dass nur ein Teil der benötigten Mittel aus den Haushalten der reichen Länder bereitgestellt werde. Deshalb werde es darum gehen, neue Finanzierungsinstrumente zu finden. In der Debatte ist unter anderem eine Steuer auf Schiffs- und Flugzeugtreibstoffe.
Das Rahmenübereinkommen der UN zum Klimawandel wurde 1992 verabschiedet
Das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel wurde 1992 auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro verabschiedet. Darin bekennt sich die Staatengemeinschaft erstmals zur Notwendigkeit, gegen den Klimawandel vorzugehen. Für reiche und arme Länder ist das Prinzip der "gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" festgeschrieben. Das heißt: Die Hauptverursacher des Klimawandels, die Industriestaaten, sollen ihren CO2-Ausstoß verringern und Entwicklungsländer bei der Begrenzung der Treibhausgase unterstützen. Die Konvention trat 1994 in Kraft, 194 Staaten haben sie ratifiziert.
Auf der Vertragsstaatenkonferenz 1997 wurde das Kyoto-Protokoll verabschiedet. Es trat 2005 in Kraft und sieht vor, dass die Industriestaaten ihre Emissionen bis 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Bei der Umsetzung der Ziele zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Unterzeichnerstaaten des Protokolls. Die USA haben das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert. Für Entwicklungs- und Schwellenländer - darunter der größte CO2-Produzent China - sieht das Protokoll keine Klimaschutz-Ziele vor.
Die Aushandlung eines neuen umfassenden Vertrags, der alle großen Kohlendioxid-Emittenten in die Pflicht nimmt, scheiterte bei der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen. Ein Jahr später, im mexikanischen Cancún, verabschiedeten die Staaten ein Klimaschutzpaket, das zumindest wichtige Bausteine einer angestrebten Vertragsarchitektur enthält. Viele Streitpunkte aber sind indes ungeklärt. Der Gipfel vom 28. November bis 9. Dezember im südafrikanischen Durban bietet wohl die letzte Chance vor Auslaufen des Kyoto-Protokolls, ein neues bindendes Abkommen in Angriff zu nehmen.