"Bloch: Der Mann im Smoking", 22. November, 20.15 Uhr auf 3sat
Es ist schon erstaunlich, wie gut die Reihe "Bloch" den Tod von Peter Märthesheimer verkraftet hat. Der renommierte Autor hat den korpulenten Psychotherapeuten und seine unkonventionellen Methoden erfunden, alle Bücher geschrieben und ihn mit unveränderlich anmutenden Charakteristika versehen. Am Ende wirkte die Figur allerdings auch etwas festgefahren. Nach Märthesheimers Tod vor einigen Jahren hat sich Bloch durch die neuen Autoren gewandelt, selbst wenn Dieter Pfaff den Psychologen natürlich auf unverwechselbare Art verkörpert. Doch während Bloch in der Konzentration auf seine Patienten früher mitunter fast autistisch wirkte, plagt ihn mittlerweile immer öfter das schlechte Gewissen: weil er nie Zeit für seine Familie hat; und das, obwohl er seine Arbeit grundsätzlich mit nach Hause nimmt.
Undurchdringliche Mauer um die Erinnerungen
Auch diesmal darf sich wieder ein Streuner Blochs Obhut erfreuen. Allerdings ist es ein Streuner im Smoking: Der Mann (Rudolf Kowalski) hat sein Gedächtnis verloren. Wie so oft in Geschichten dieser Art findet er sich zwar im Alltag zurecht, doch sein Leben ist dahin; das Gehirn hat eine undurchdringliche Mauer um seine Erinnerungen errichtet. Und weil es in "Bloch" gern kriminalistisch zugeht, tauchen nach und nach Gedächtnisfetzen auf, die in dem "Albert" genannten Mann die furchtbare Vermutung dämmern lassen, er könne seine Frau ermordet haben. Das schreckliche Geheimnis lässt sich erst lüften, als es Bloch gelingt, Alberts Traumbilder richtig zu deuten.
Autor Marco Wiersch ist selbst gelernter Psychologe, was nicht nur dem Krankheitsbild, sondern vor allem den Dialogen eine gewisse Authentizität verleiht. Entscheidender aber ist natürlich, dass die spezielle Form von Amnesie ("Dissoziative Fugue") plausibel wirkt. Letztlich lebt "Der Mann im Smoking" wie alle Filme der Reihe jedoch von der enormen Präsenz Dieter Pfaffs und dem Gegensatz zwischen der Korpulenz des Darstellers und der Sensibilität des Therapeuten. Während sich die Originalität des Handlungsgerüsts im Rahmen hält, weil Gedächtnisverlust ein beliebtes Stilmittel ist (zuletzt in "Blackout"), profitiert dieser Film vor allem von der Qualität der Schauspieler. Das gilt nicht zuletzt für Blochs Fähigkeit, Anderen das Wort im Munde herumzudrehen. Unter der Regie von René Heisig gelingt es Pfaff scheinbar spielend, diese kunstvollen Dialoge auch wirklich spontan klingen zu lassen. Nicht minder sehenswert ist Rudolf Kowalski, zumal in Alberts Brust ja tatsächlich zwei Seelen miteinander ringen, weil sein Verstand die Erinnerungen aus gutem Grund verdrängt hat.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).