Im US-Schuldenstreit scheinen die Sparer zu scheitern
Der Name erinnert an Superman, aber heldenhaft scheint die Leistung der Schuldenkommission in Washington überhaupt nicht gewesen zu sein. Das "Super-Komitee" sollte über Parteigrenzen hinweg den besten Weg zum Defizitabbau finden. Nun steht es selbst vor einer Pleite.

"Super!" ist dieser Tage in Washington kein Ausdruck der Freude. Denn nach Monaten der Hoffnung auf eine Lösung im Streit über die US-Schulden haben selbst Optimisten kein Zweifel mehr: Das "Super-Komitee" hat dem Wort keine Ehre gemacht. Je sechs Demokraten und Republikaner in dem Komitee konnten die tiefen Gräben zwischen ihren Parteien nicht überbrücken, sich offenbar nicht auf Maßnahmen gegen das gewaltige Defizit einigen. Den Amerikanern blüht nun ein bitterer Kampf um jeden Dollar - mit unabsehbaren Folgen. "Nichts ist daran super", resümierte die Zeitung "Philadelphia Inquirer" wütend.

Auch andere US-Medien sprechen unverblümt vom "Versagen" - eine Schmach für die politische Klasse am Potomac. Es waren keine Hinterbänkler, die in monatelangen Verhandlungen den Kompromiss suchten. Der einstige demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry gehörte ebenso dazu wie die Nummer zwei der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Kyl. Die zwölf erfahrenen Volksvertreter haben einen Ruf zu verlieren. So beeilten sich viele von ihnen bei Talkshow-Auftritten am Sonntag, der Gegenseite die Schuld an dem Scheitern zu geben - noch bevor es offiziell eingestanden wurde.

Das Kommittee will sich die Einsparungen nicht aufbürden

"Wenn es nicht so ernst wäre, ich könnte lachen", sagte Kerry dem TV-Sender NBC. Sichtlich verärgert warf der Senator den Republikanern den Versuch vor, über die Kommission neue Steuersenkungen für Reiche durch den Kongress zu schmuggeln und dabei Sozialausgaben zu kürzen. Die Demokraten hätten nicht wirklich sparen, sondern nur die Steuern erhöhen wollen, meinte dagegen der republikanische Co-Vorsitzende der Gruppe, Jeb Hensarling. "Das sind keine Schuldzuweisungen, das sind Fakten." Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte.

Bemerkenswert an dem Kampf der Ideologien in der US-Hauptstadt ist, dass nicht um das Ziel, sondern um den Weg des Sparens gestritten wird. Das "Super-Komitee" sollte mindestens 1,2 Billionen Dollar an Etatkürzungen in den kommenden zehn Jahren finden. Ein Scheitern bewirkt nur, dass ab 2013 ein "automatischer" Prozess in Gang kommt, der rasenmäherartig ebendiese Summe aus künftige Budgets schneidet. Das Sparziel wird also erreicht, unbeantwortet bleibt aber, auf wessen Rücken.

Geht es nach einer Simulation des moderaten Forschungsinstituts "Third Way", könnten viele Amerikaner diese "Zwangskürzungen" hautnah zu spüren bekommen. Demnach müssten 3.700 Bundespolizisten entlassen werden, was zu 26.000 weniger Festnahmen führen würde. Der Staat müsste 2.300 Steuerfahnder einsparen, wodurch ihm 4,5 Milliarden Dollar durch die Lappen gingen. Und weil es 1.200 weniger Fluglotsen gebe, würden eine Million Reisende unter Verspätungen leiden. Die Zahlen sind grob geschätzt, bieten aber einen Eindruck.

Steuererleichtungen und Konjunkturprogramme einfach auslaufen lassen

Was vielleicht schwerer wirken dürfte, ist der erneute Ansehensverlust. Bereits im Sommer entsagte die Ratingagentur Standard & Poor's den USA die Bestnote als zuverlässiger Schuldner, was nicht zuletzt mit der fraglichen Berechenbarkeit der Politik begründet wurde. So bewerten die Märkte das Abschneiden des "Super-Komitees" als Zeichen, wie gut Amerika künftig mit dem notwendigen Defizitabbau vorankommen wird. "Es signalisiert, ob der politische Prozess funktioniert", schrieb die US-Investmentbank Goldman Sachs kürzlich in einer Analyse.

Ein Scheitern sei zwar sehr negativ, führe aber wohl nicht unmittelbar zu einer erneuten Abwertung, sagte Mark Zandi, Chefökonom der Ratingagentur Moody's. Viel wichtiger sei, dass es Washington irgendwie gelinge, das Defizit in den kommenden zehn Jahren um insgesamt 4 Billionen Dollar zu trimmen. Dafür müssten befristete Steuererleichterungen und Konjunkturhilfen einfach nur zu den regulären Stichtagen auslaufen. "Wenn die Gesetzgeber nichts machen, dann schaffen wir das", sagt Zandi - ganz ohne ironischen Unterton.

 

dpa