Katholische Laien wollen Ökumene - und Diakoninnen
Zum Entsetzen der Bischöfe fordert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken die Öffnung des Diakonats für Frauen. Aber so fremd ist die Forderung den Bischöfen nicht.
21.11.2011
Von K. Rüdiger Durth

"Es ist eine wichtige und unverzichtbare Aufgabe aller Gläubigen, den ökumenischen Dialog und das gewachsene Vertrauen weiter zu pflegen und zu intensivieren." Für den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, ist dies auf der Bonner Herbstvollversammlung 2011 des höchsten katholischen Laiengremiums in Bonn keine leere Floskel. Denn das ZdK versteht sich, so sein Generalsekretär Stefan Vesper, als "Speerspitze der Ökumene". Das wird auch in der Aussprache der rund 200 Mitglieder zählenden Vollversammlung immer wieder deutlich.

Katholikentag und die Ökumene

Und es wird die Sorge geäußert, ob die Ökumene auf dem übernächsten Katholikentag 2014 in Regensburg unter den Tisch fällt. Denn der dortige Diözesanbischof Gerhard - Ludwig Müller gilt bei den katholischen Laien nicht gerade als Förderer der Ökumene – obgleich er in der Deutschen Bischofskonferenz für die Ökumene zuständig ist und deshalb den Beinamen "Ökumenebischof" trägt. Der ZdK-Präsident macht deutlich, dass nicht Bischof Müller, sondern die Verantwortlichen des ZdK für das Programm eines Katholikentages zuständig sind. Immerhin handelt es sich beim Katholikentag ja um das "Premium-Produkt" des ZdK (Vesper).

Anfang Dezember treffen sich die Spitzen von ZdK und Deutschem Evangelischen Kirchentag in Fulda, um auch über das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 zu sprechen. Ein Ökumenischer Kirchentag – es wäre der dritte – wird aus diesem Anlass wohl nicht stattfinden. Dafür wird es einen Deutschen Evangelischen Kirchentag geben, der wahrscheinlich in Berlin stattfindet, wobei man sich vorstellen kann, den Schlussgottesdienst nach Wittenberg zu verlegen.

Also wird es den 2. Ökumenischen Kirchentag wohl erst 2019 an einem bislang noch nicht festgelegten Ort geben. Allerdings planen ZdK und Kirchentag für 2017 eine gemeinsame Veranstaltung, um den ökumenischen Charakter beider Verbände unter Beweis zu stellen. Etwas Neues wäre das nicht, denn gemeinsame Kongresse hat es auch schon in der Vergangenheit gegeben. Das alles findet unter den Mitgliedern der Herbstvollversammlung breite Zustimmung.

"Priestertum aller Gläubigen" auch bei den Katholiken?

Der ZdK-Präsident würdigt in seinem Rechenschaftsbericht vor der (zweimal im Jahr stattfindenden) Vollversammlung die ökumenische Begegnung zwischen Papst Benedikt XVI. und dem Rat der EKD Ende September in Erfurt mit den Worten "das war und bleibt bemerkenswert". Mit der Begegnung in einer Wirkungsstätte des Reformators Martin Luther habe der Papst ein "wichtiges, ja historisches Zeichen" gesetzt, aber er fügte auch hinzu: "Es ist wahr: Manche hatten sich mehr, konkrete Schritte der Annäherung von Katholiken und Protestanten erhofft. Trotzdem und gerade jetzt dürfen wir nun in unserem gemeinsamen Bemühen um die Einheit nicht nachlassen und müssen, ganz wie es Erzbischof Zollitsch auf den Punkt gebracht hat, nun als katholische und evangelische Kirche in Deutschland die Impulse aus Erfurt aufnehmen und weiterverfolgen."

Zugleich erinnert Glück, der frühere bayerische Landtagspräsident, an das im Frühjahr in Erfurt veröffentlichte "Plädoyer für eine lebensnahe Ökumene". Die jüngsten Erfahrungen ökumenischer Begegnungen zeigen nach Überzeugung des ZdK-Präsidenten: "Wir sind gemeinsam auf dem Weg und wir sind auf einem guten Weg."

Wieder steht die Partnerschaft von Mann und Frau in der Kirche auf der Tagesordnung. Und wieder geht es auch um die Zulassung der Frauen zum die sakramentale Weihe zur Diakonin, die diesmal per Entschließung für den gegenwärtigen Dialogprozess in den 27 katholischen Bistümern eingefordert werden soll. Erstaunlich dabei ist, wie der ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann als Begründung das "Priestertum aller Gläubigen" über die Lippen geht. Bislang war dies vor allem ein protestantisches Kennzeichen. Doch nun haben es auch die katholischen Laien entdeckt, um damit den Frauen endlich mehr Gleichberechtigung zu verschaffen.

Diakoninnen sind kein "Durchlauferhitzer" für mögliche Pfarrerinnen

Nach dem katholischen Kirchenrecht gibt es die sakramentale Weihe zum Diakon (auch für Verheiratete), zum Priester und Bischöfe. Alle diese Weihen sind ausschließlich Männern vorenthalten, obwohl die Zahl der Theologen (und ungenannter Bischöfe) wächst, die unter Hinweis auf die frühe Christenheit gegen eine Weihe zur Diakonin nichts einzuwenden haben. Die Diakonin kann bei der Eucharistiefeier assistieren, Beerdigungen abhalten, in Seelsorge und Caritas arbeiten. Karin Kortmann bestreitet, dass man bei einer Zulassung der Frau zur Diakonin auf einen Rutschbahneffekt setzt – nach dem Motto: wenn sakramentale Weihe zur Diakonin möglich ist, kann man diese nicht zur Priesterin verweigern: "Unsere Forderung versteht sich nicht als Durchlauferhitzer."

In der Diskussion wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es bei dieser Frage nicht nur um den immer größer werdenden Priestermangel geht: "Es geht um uns als Frauen, um unsere Stellung in der Kirche." Man will sich nicht länger hinhalten lassen, will auch, dass das ZdK auch dem "Netzwerk Diakonat der Frau" beitritt. Es geht auch um eine "Theologie des Amtes", die neu geschrieben werden muss. Aber es geht auch darum, den Dialog mit den Bischöfen fortzusetzen. Vor allem in dem begonnenen Dialog, den der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, angestoßen hat.

Bischöfe dagegen - aber 1981 noch dafür

Es wird eine geheime Abstimmung verlangt. Das Ergebnis ist eindeutig: 129:16 Stimmen für das Diakonat der Frau bei einigen Enthaltungen. Langanhaltender Beifall. Doch bereits wenig später kommt über das Internet das Nein der Deutschen Bischofskonferenz. Ihr Sekretär, Jesuitenpater Hans Langendörfer: "Die Forderung nach dem Diakonat der Frau ist mit den weltkirchlich verbindlichen theologischen Überzeugungen und Festlegungen nicht vereinbar. Diese Forderung des ZdK-Papiers bedauere ich."

Später lässt dann ZdK-Präsident Glück im Plenum aus Heft 30 "Die Deutschen Bischöfe" von 1981 ein Papier verteilen: "Anders als die Frage des Priestertums stellt sich uns die Frage nach der Zulassung von Frauen zum sakramentalen Diakonat. Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland [...] empfiehlt, an die in Teilen der alten Kirche geübte Praxis der Weihe von Diakoninnen wieder anzuknüpfen. Darum hat sie den Papst gebeten, die Frage des Diakonats der Frau entsprechend den heutigen theologischen Erkenntnissen zu prüfen und angesichts der gegenwärtigen pastoralen Situation womöglich Frauen zur Diakonatsweihe zuzulassen."


K. Rüdiger Durth, Journalist und Theologe in Bonn, ist regelmäßiger Autor für evangelisch.de.