Wann werden Kinderrechte im Grundgesetz stehen?
Seit 22 Jahren gilt die Kinderrechtskovention der Vereinten Nationen. Allerdings sind Kinderrechte noch längst nicht überall in nationales Recht umgesetzt worden - auch in Deutschland nicht vollständig. Pro Asyl kritisiert, dass vor allem Flüchtlingskinder Nachteile haben. Immerhin gibt es bald die Möglichkeit zur Beschwerde.

Am 20. November 1989 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Die meisten Staaten der Erde haben die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, sie ist völkerrechtlich verbindlich. Auch in Deutschland trat sie am 5. April 1992 in Kraft - allerdings mit einer so genannten Vorbehaltserklärung, die erst im Frühjahr 2010 auf Drängen des UN-Kinderhilfswerkes Unicef wieder zurückgenommen wurde.

Die in der UN-Konvention festgeschriebenen Kinderrechte sind bis heute nicht konsequent in deutsches Recht umgesetzt worden. Bis zum Ende der Legislaturperiode sei mit der notwendigen Angleichung der Gesetze nicht zu rechnen, erklärte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) am Donnerstag in Berlin zum 22. Jahrestag der Verabschiedung der Konvention.

[listbox:title=Mehr im Netz[Der EKD-Entwurf für einen Gottesdienst zum Tag der Menschenrechte 2011 am 10. Dezember nimmt das Thema "Kinderrechte im Grundgesetz" ebenfalls auf.##Materialien gibt es unter diesem Link (PDF).##Das Materialheft kann auch kostenlos beim Kirchenamt der EKD, Tel. 0511-2796-407 oder per E-Mail an menschenrechte@ekd.de bestellt werden.]]

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl warf der Bundesregierung vor, mit der Rücknahme der Vorbehaltserklärung "reine Symbolpolitik" betrieben zu haben. Die Arbeiterwohlfahrt bemängelte anhaltende Defizite im Umgang mit Flüchtlingskindern. Für eine völlige Einhaltung der Konvention bedürfte es beispielsweise einer Liberalisierung des Grundrechts auf Asyl, sagte Thierse weiter. Auch einer Verankerung von Kinderrechten in das Grundgesetz stünden konservative Bundestagsabgeordnete kritisch gegenüber, bedauerte der Bundestagsvizepräsident.

Vor allem Flüchtlingskinder haben Nachteile

Das Bundesfamilienministerium erklärte dazu, dass eine entsprechende Verfassungsänderung nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen sei. Daher müsse der Anstoß zur Verankerung von den Regierungsfraktionen kommen. Laut der Nationalen Koalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland wäre eine Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung auch deshalb wichtig, weil nur so die Gleichrangigkeit der UN-Konvention mit anderen Grundrechten gewährleistet werden könnte. In der Konvention selbst werden die Vertragsstaaten nicht zur Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung verpflichtet.

[listbox:title=Mehr im Netz[Die UN-Kinderrechtskonvention im Wortlaut (deutsch)##Unicef##Menschenrechte im Blick##Pro Asyl##Wikipedia-Artikel "Kinderrechte"]]

Laut Pro Asyl werden in Deutschland weiterhin besonders die Rechte von Flüchtlingskindern nicht immer eingehalten. Der stellvertretende Vorsitzende von Pro Asyl, Hubert Heinhold, kritisierte am Donnerstag in Berlin, dass Flüchtlingskindern der Zugang zu medizinischen Maßnahmen und Bildung erschwert werde. Zudem würden Minderjährige im Ausländerrecht bereits ab einem Alter von 16 Jahren wie Erwachsene behandelt.

Nach Angaben von Pro Asyl erreichen jährlich etwa 2.000 Minderjährige als Flüchtlinge die Bundesrepublik. 16.000 Kinder und Jugendliche würden derzeit auf eine Entscheidung im Asylverfahren warten. 30.000 Minderjährige haben den Status der Duldung.

Bald sind Beschwerden bei den Vereinten Nationen möglich

Künftig werden sich Betroffene nach Ausschöpfung des Rechtsweges aber auch an die Vereinten Nationen wenden können. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) begrüßte am Donnerstag die Entscheidung der UN-Generalversammlung vom Vortag, den Weg für ein Individualbeschwerdeverfahren freizugeben. "Die besten Kinderrechte helfen nichts, wenn sie nur auf dem Papier bestehen", erklärte sie in Berlin.

Die Kinderrechtskonvention ist das letzte Menschenrechtsabkommen auf UN-Ebene, bei dem es für Bürger noch kein eigenes Recht zur Beschwerde gibt. Die Initiative für das neue Zusatzprotokoll, das von den einzelnen Vertragsstaaten noch ratifiziert werden muss, ging unter anderem von Deutschland aus.

Unter dem Motto "Kinder haben was zu sagen" tagt in Leipzig bis Sonntag der erste Kinderrechte-Kongress. Etwa 120 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 18 Jahren beschäftigen sich auf Einladung des Deutschen Kinderhilfswerks mit der UN-Kinderrechtskonvention. Zum Abschluss des Kongresses wird eine Delegation Ergebnisse und Forderungen der Kinderkommission des Deutschen Bundestages vorstellen. 

evangelisch.de/epd