In seiner Rede am Mittwochabend im Jüdischen Museum Berlin kündigte Wulff an, die Angehörigen der Opfer der rechtsextremen Mordserie zu einem Gespräch zu empfangen. Dazu werde er auch Vertreter der Bundesregierung und des Bundestags einladen, sagte der Präsident laut vorab verbreitetem Manuskript. Der Leo-Baeck-Preis wird jährlich verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Wulff zeigte sich erschüttert über die Anschlagsserie des Thüringer Neonazi-Trios. Deutschland werde seine Weltoffenheit ausbauen "und verteidigen gegen alle, die Ängste vor Fremden und Fremdem schüren", betonte der Bundespräsident. "Wir brauchen ein Klima, das schon pauschale Diffamierungen nicht zulässt." Gegenüber den Hinterbliebenen dürfe Deutschland nicht sprachlos sein. Es sei wieder der Moment gekommen, Lichterketten zu veranstalten, um zu zeigen, welche Werte die Mehrheit der Gesellschaft verstehe, sagte Wulff.
Pauschale Diffamierungen nicht zulassen
Zur Zeit würden die Vorbereitungen für das Treffen getroffen, dessen Termin noch nicht bekannt ist. "Ich bin erschüttert und teile die Empörung der Menschen in unserem Land", sagte Wulff bei seiner Auszeichnung mit dem Leo-Baeck-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland am Abend. "Wir gedenken der Toten und teilen hoffentlich jetzt noch viel mehr das Leid ihrer Angehörigen."
"Noch wissen wir nicht, wie viele Menschen insgesamt betroffen sind." Es stellten sich aber Fragen, ob die Bundesrepublik der Opfer und ihren Hinterbliebenen gerecht geworden sei und die Protagonisten rechtsextremer Kreise ausreichend beobachtet wurden. "Haben wir uns möglicherweise selbst von Vorurteilen fehlleiten lassen?", fragte der Bundespräsident.
"Wir dürfen gegenüber den Hinterbliebenen nicht sprachlos sein", erklärte Wulff. "Wir brauchen ein Klima, das schon pauschale Diffamierungen nicht zulässt. Sie sind der Nährboden für Gewalt", sagte der Bundespräsident in seiner Rede.
Graumann würdigt Wulffs Rede zur Deutschen Einheit 2010
Wulff betonte auch die engen Verbindungen zwischen der Bundesrepublik und dem Staat Israel. Die deutsche Geschichte lehre die Notwendigkeit, gegen Antisemitismus und jede Form von Intoleranz vorzugehen und für das Existenzrecht des Staates Israel einzutreten.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, verlangte eine "neue Entschlossenheit gegen Rechts". Angesichts des "faschistischen Killerkommandos, das unschuldige Menschen hingemetzelt hat", müsse es eine Palette von Maßnahmen gegen Rechtsextremismus geben. Graumann forderte zugleich mehr Empathie und Sensibilität gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen.
Graumann würdigte das Engagement Wulffs für die Juden in Deutschland und für Israel. Lange hätten die Juden auf den Satz eines deutschen Staatsoberhauptes gewartet, dass das Judentum zweifelsfrei zu Deutschland gehöre, betonte Graumann mit Blick auf die Rede Wulffs zur Deutschen Einheit im vergangenen Jahr.
Einen seiner ersten Staatsbesuche machte Wulff im November 2010 nach Israel. In diesem Jahr hielt er als erstes deutsches Staatsoberhaupt am Holocaust-Gedenktag im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz eine Rede. Zudem nahm Wulff an der Einweihung der neuen Synagogen in Mainz und in Speyer teil.
Leo-Baeck-Preis würdigt soziales und politisches Engagement für die Juden
Die wichtigste Auszeichnung des Zentralrates erinnert an den Rabbiner Leo Baeck (1873-1956), der durch sein soziales und politisches Engagement für die jüdische Glaubensgemeinschaft zu einem Vorbild seiner Zeit wurde. Der Preis wird seit 1957 vergeben. Der Zentralrat ehrt damit Persönlichkeiten, die sich in herausragender Weise für die jüdische Gemeinschaft eingesetzt haben und denen es gelungen ist, aus den dunklen Kapiteln deutscher Geschichte Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Preisträger in den vergangenen Jahren waren etwa DFB-Präsident Theo Zwanziger, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Verleger Hubert Burda und Friede Springer, sowie die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Roman Herzog.