Maybrit Illner: Allergisch gegen Gelaber
Maybrit Illner moderiert ihre 500. Talk-Sendung. Vor zwölf Jahren startete sie als ZDF-Alternative zu Sabine Christiansen. Inzwischen ist sie die unangefochtene Talk-Königin im deutschen Fernsehen.
17.11.2011
Von Martin Weber

Der Neid von Kolleginnen wie Anne Will oder Sandra Maischberger dürfte ihr gewiss sein. Während die beiden ARD-Moderatorinnen wegen der unsäglichen Talkshowflut im Ersten in einem beinharten senderinternen Konkurrenzkampf stehen und im Schatten des alles überragenden Publikumslieblings Günther Jauch mit bescheidenen Einschaltquoten leben müssen, ist Maybrit Illner die unangefochtene Talk-Königin des ZDF.

Seit 1999 talkt Illner über das aktuelle Zeitgeschehen

Ihre Quoten sind mit derzeit durchschnittlich 2,5 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von fast zwölfeinhalb Prozent seit vielen Jahren stabil und durchaus respektabel. Es läuft gut für die 46-jährige Berlinerin, die seit 1999 in ihrer Sendung Spitzenpolitikern, Wirtschaftskapitänen, Gewerkschaftsbossen und anderen Entscheidungsträgern auf den Zahn fühlt. Jetzt feiert sie Jubiläum: Am 17. November ist um 21.45 Uhr die 500. Ausgabe des ZDF-Polittalks "Maybrit Illner" zu sehen.

"500 Sendungen – ich hätte nicht damit gerechnet, dass man mit einem Polit-Talk eine solche Zahl erreicht", sagt Maybrit Illner. "Wir leben in einer spannenden Zeit, und ich kann mir keinen Moment vorstellen, wo man sagt: Prima, jetzt ist alles gefragt", betont die 46-Jährige und begegnet damit auch der angesichts von immer mehr TV-Quasselrunden lauter werdenden öffentlichen Kritik an Polit-Talkshows. An Selbstbewusstsein hat es der Journalistin, die seit vergangenem Jahr auch zum Moderatorenteam des "heute journals" zählt, eben noch nie gemangelt, ans Aufhören denkt sie nicht im Entferntesten.

Zwar ist die Frau aus dem Osten mit ihren Gästen etwas geduldiger als früher und fällt ihnen nicht mehr ganz so schnell ins Wort – wer ins Schwafeln kommt und eine Worthülse nach der anderen absondert, hat es aber nach wie vor schwer mit der Moderatorin, die auf Gelaber allergisch reagiert und ihren Live-Gesprächskreis stets souverän beherrscht. Für das ZDF ist die einstige DDR-Sportjournalistin in den vergangenen Jahren zu einem Aushängeschild geworden, auf die manchmal erfrischend respektlose Illner und ihre Unverwechselbarkeit hält man in Mainz große Stücke. "Das ZDF kann stolz sein auf einen Talk, der die politische Entwicklung Deutschlands seit zwölf Jahren zuverlässig begleitet", sagt ZDF-Chefredakteur Peter Frey.

"Normale" Bürger kommen genauso zu Wort wie Prominente

Illners im Oktober 1999 gestartete Talkshow, die im ZDF-Hauptstadtstudio unweit des Brandenburger Tors produziert wird und im Lauf der Jahre immer mal wieder behutsam renoviert wurde, hieß früher "Berlin Mitte" und wurde erst vor ein paar Jahren den Gepflogenheiten der TV-Branche entsprechend in "Maybrit Illner" umbenannt. Woche für Woche diskutiert die Moderatorin mit ihren Gästen aktuelle politische oder gesellschaftlich relevante Themen – von der Euro-Krise über die Macht der Rating-Agenturen oder das Modethema Burnout bis zu Doping oder Dosenpfand. Dabei kommen nicht nur Prominente zu Wort, sondern öfter auch Bürger, die von politischen Entscheidungen direkt betroffen sind.

Vor ihren hartnäckigen Nachfragen haben auch medienerfahrene Profis gehörigen Respekt, besonders wichtige Politiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel darf sich Maybrit Illner auch schon mal in einem Einzelgespräch zur Brust nehmen. In ihrer Sendung versammelt sich, wer Rang und Namen hat – mit einer Ausnahme: Telekom-Chef René Obermann darf nicht mehr als Talkgast kommen, weil er seit ein paar Jahren mit der Journalistin liiert ist. Im vergangenen Jahr gab Maybrit Illner, die in erster Ehe mit dem Drehbuchautor Michael Illner verheiratet war, dem Spitzenmanager das Jawort.


Martin Weber ist freier Medienjournalist in Berlin.