Schneider: Nie war der Bußtag so kostbar wie heute
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat die Bedeutung des Buß- und Bettages hervorgehoben. Nie sei der Tag so kostbar wie heute gewesen, "wo ein Krisengipfel den nächsten ablöst und die Berichterstattung über die Finanzmärkte zuweilen den Eindruck erweckt, finstere Mächte müssten durch Wohlverhalten gnädig gestimmt werden", unterstrich so der rheinische Präses.

Heute laden viele evangelische Gemeinden zu Abendandachten und Gottesdiensten zum Buß- und Bettag ein. Zusammen mit dem katholischen Bischof Stephan Ackermann wird Schneider um 19 Uhr im Trierer Dom einen ökumenischen Gottesdienst feiern. Bereits am Nachmittag nehmen beide Geistliche an einem Podiumsgespräch des Ökumenische Instituts für interreligiösen Dialog an der Universität Trier teil. Thema um 16 uhr in der Pfarrei Sankt Augustinus ist "Der Stand der Ökumene nach dem Papstbesuch".

Der EKD-Ratschef (Foto: epd-bild) sagte vorab: "Der Buß- und Bettag ist ein wirksames Mittel gegen Resignation." Im Vertrauen auf Gottes Gnade und seine Bereitschaft zu vergeben, dürfe der Mensch im Gebet die Nähe Gottes suchen. "Wir müssen nicht die Köpfe hängen lassen", so Schneider. Neben dem Moment des Innehaltens gebe der Tag "Raum für ehrliche Fragen an uns selbst".

Alles hat Zeit, alles braucht Zeit

Der Schleswiger Bischof Gerhard Ulrich nannte den Buß- und Bettag ein "Stück des kulturellen Gedächtnisses der Gesellschaft". Festtage und Erinnerungstage seien nötig, um den Fluss der Zeit anzuhalten und innezuhalten. Alles habe seine Zeit - und alles brauche seine Zeit. Der Bußtag sei ein "Segen" und ein "Tag gegen das Vergessen und Verdrängen", so der Vorsitzende der Kirchenleitung der Nordelbischen Kirche und leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung rief in seiner Botschaft zu Selbstkritik auf. Ohne den Buß- und Bettag würde ein "Impuls zum selbstkritischen Reflektieren und Korrigieren" fehlen, sagte er in Darmstadt. Dabei gehe es nicht darum, mit dem Finger auf andere zu zeigen, sondern die eigene Rolle in den Blick zu nehmen. Der Feiertag diene dazu, sich "kollektive Schuldzusammenhänge" bewusst zu machen und auf eine Umkehr einzustellen.

Der erste protestantische Bußtag fand 1532 in der Bedrohung durch die Türkenkriege statt. Danach wurde zu ganz verschiedenen Gelegenheiten zur Buße und zum Beten aufgerufen – ein einheitlicher Buß- und Bettag wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland erst 1934 eingeführt. In unserer Zeit fällt er immer auf den Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres. Im Jahr 1995 wurde der Buß- und Bettag auf Betreiben der Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als staatlicher Feiertag ersatzlos gestrichen.

epd