Deutsche Bank beendet Streubomben-Geschäfte
Die Deutsche Bank kappt sämtliche Verbindungen zu Herstellern von international geächteten Waffen wie Streubomben. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, kam allerdings erst auf Druck von außen zustande.

Das Institut habe entschieden, dass es "Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen einstellen wird, die neben vielen anderen Produkten auch Streubomben produzieren", erklärte ein Sprecher der Bank in Frankfurt und bestätigte damit einen Bericht der Wochenzeitung "Die Zeit".

Damit setzt der Konzern eine Ankündigung von Vorstandschef Josef Ackermann um. Bei der Hauptversammlung im Mai direkt mit einem Streubomben-Opfer konfrontiert, hatte Ackermann erklärt: "Wir unterhalten als globale Bank auch Geschäftsbeziehungen zu Mischkonzernen, die auch - vielleicht ohne, dass wir das wissen - Produkte herstellen, die geächtet sind." Ackermann kündigte damals an, solche Engagements künftig noch genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Sprecher erklärte nun: "Neue Geschäftsbeziehungen zu solchen Unternehmen kommen nur dann in Frage, wenn die Kunden sich dezidiert verpflichten, so schnell wie möglich aus diesem Geschäftsbereich auszusteigen." Streubomben verteilen große Mengen von Sprengkörpern über weite Flächen, Menschen werden wahllos verletzt und getötet. Die Konvention über Streumunition verbietet seit dem 1. August 2010 den Gebrauch dieser Waffenart. Auch die Herstellung, Lagerung und Weitergabe ist untersagt. Deutschland schloss sich der Konvention an.

Erfolg für Bank-Kritiker

Aus eigenen Stücken zog sich Deutschlands größtes Geldhaus freilich nicht aus den umstrittenen Geschäftsfeldern zurück, vielmehr ist die Ankündigung eine Reaktion auf beharrliche Aktionen kritischer Aktionäre. So legten etwa die der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald und die von der Euuropäischen Union unterstützte Initiative "Facing Finance" seit Jahren Recherchen zur Finanzierung von Streumunitionsherstellern durch deutsche Banken vor. Zahlreiche Finanzdienstleister zogen sich daraufhin aus dem Geschäft mit diesen völkerrechtlich geächteten Waffen zurück.

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Trotz der Ankündigung der Deutschen Bank "bleiben die Organisationen bei ihrer Forderung nach einem umfassenden, gesetzlichen Investitionsverbot", heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung von urgewald. "Nur ein gesetzliches Verbot kann jedwedes Engagement der gesamten Finanzbranche in diese völkerrechtswidrigen Waffen vollständig und schnell stoppen", sagte urgewald-Mitarbeiterin Barbara Happe.

In Kürze enstcheide der Bundestag über einen von allen Oppositionsparteien getragenen Antrag zum Investitionsverbot in Streumunition - analog zu vergleichbaren Regelungen in anderen europäischen Ländern. "Die Politik sollte jetzt dieses Signal aus der Finanzbranche aufnehmen und in Erfüllung der Oslo-Konvention zum Verbot von Streumunition ein umfassendes Investitionsverbot verhängen", sagte Happe.

International neue gesetzliche Initiativen

An diesem Montag sind die UN in Genf zu Verhandlungen über ein eingeschränktes Verbot von Streumunition zusammengekommen. Zur Diskussion steht ein sofortiges Verbot für Streubomben, die vor 1980 hergestellt wurden. Waffen mit jüngerem Produktionsdatum würden erst nach längeren Übergangsfristen illegal. Kritiker befürchten, dass ein mögliches UN-Abkommen den bereits bestehenden Oslo-Vertrag über ein umfassendes Verbot der heimtückischen Waffen entkräften könnte. Die Konferenz dauert zwei Wochen.

Mehrere große Produzenten von Streumunition wie die USA, China und Russland haben den Oslo-Vertrag nicht unterzeichnet. Solche Staaten setzen sich für eine Übereinkunft jenseits des Oslo-Abkommens ein, das am 1. August 2010 in Kraft trat. "Wir befürchten, dass hier eine zweite und extrem schwache internationale Norm zu Streumunition entstehen soll, die eine Universalisierung der Oslo-Konvention über ein Streubombenverbot bedroht", erklärte die Organisation Handicap International, die sich für Minenopfer einsetzt.

Ein entsprechendes Protokoll aus dem derzeitigen Treffen soll im Rahmen der UN-Waffenkonvention von 1983 verabschiedet werden. Laut Handicap könnte dabei solche Munition, die eine Blindgängerrate von weniger als einem Prozent aufweist, auf Dauer legal bleiben. "Faktisch würde damit ein großer Teil dieser Waffen langfristig als legal erklärt werden", betonen die Rüstungsgegner.

Nicht alle Sorten von Streumunition verboten

Das bereits bestehende internationale Oslo-Übereinkommen über Streumunition sieht ein weitgehendes Verbot der Waffen vor. Die Länder ächten den Einsatz, die Entwicklung, die Produktion, die Lagerung und die Weitergabe der Sprengsätze. Innerhalb von acht Jahren sollen die Streitkräfte ihre Bestände zerstören. Allerdings: Bestimmte Kategorien von Streubomben bleiben von dem Verbot unberührt - etwa Sprengkörper, die sich elektronisch selbst vernichten oder desaktivieren können.

Laut UN haben 108 Staaten die Oslo-Konvention unterzeichnet. 66 Staaten unterzeichneten und ratifizierten den Vertrag, darunter Deutschland, so dass sie in die nationale Gesetzgebung integriert werden muss.

Streumunition wird in Containern von Artilleriegeschützen und Militärflugzeugen abgeschossen. Nach dem Öffnen der Behälter verteilen sich Hunderte kleiner Bomben auf Flächen so groß wie 40 Fußballfelder. Eine genaue Zielausrichtung der Bomben ist nicht möglich. Rüstungsexperten schätzen, dass Streubomben in mehr als 24 Ländern eingesetzt wurden, darunter im Kosovo, Irak und Libanon.

Ein ernstes Problem sind Blindgänger. Ein Großteil der Munition detoniert nicht sofort, sondern lauert als Zeitbombe im Gelände. Die Munition kann schon durch eine leichte Berührung explodieren. Dabei werden vor allem Zivilisten getötet und verletzt. 13.306 Opfer von Streumunition sind laut Handicap bekannt, darunter 98 Prozent Zivilisten. Doch sehr häufig werden die Unfälle nicht erfasst. Fachleute schätzen die wirkliche Zahl auf etwa 100.000.

dpa/evangelisch.de