Herr Ferch, in Ihrem neuen Film geht es um das Thema Trinkwasser. Drehen Sie den Wasserhahn daheim jetzt mit einem anderen Gefühl auf?
Heino Ferch: Eindeutig ja. Ich habe mich zur Vorbereitung sehr präzise mit dem Thema Wasser und Ressourcen auseinandergesetzt, denn der Film kreist um die Frage: Wie verschwenderisch ist unser tägliches Leben? Beim Stichwort Wasserverbrauch geht es ja keineswegs nur ums Wäschewaschen oder Duschen. Es ist einfach erschreckend, wenn man erfährt, welche Unmengen von Wasser etwa für die Produktion eines einzigen Laptops benötig werden, oder dass 140 Liter Wasser für eine simple Tasse Kaffee nötig sind, wenn man sich die gesamte Produktionskette anschaut.
Ist es angesichts solcher Dimensionen nicht bloß ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man zuhause aufs Wassersparen achtet und beim Zähneputzen den Hahn abdreht?
Ferch: Nein, man muss bei sich selber anfangen – auch was andere Ressourcen betrifft. Alternative Energien nutzen, Solaranlage aufs Dach, kein Öltank im Haus, mehr Fahrradfahren. Wassersparen ist wichtig, kein einziger Tropfen darf unnütz in den Rinnstein fließen. Waschmaschine und Spülmaschine müssen voll sein, bevor sie angeschmissen werden, beim Zähneputzen darf man den Hahn nicht laufen lassen und kein Geschirr unter fließendem Wasser spülen, weil das viel mehr verbraucht als die Maschine.
Erfüllen Sie denn all diese Kriterien?
Ferch: Ich bemühe mich!
In dem Film geht es um eine in der Öffentlichkeit weniger bekannte Problematik: Private Konzerne kaufen rund um den Erdball Quellen und Wasserkonzessionen – Kritiker sehen dadurch vor allem in den Entwicklungsländern das Grundrecht der Bevölkerung auf freien Zugang zu sauberem Trinkwasser gefährdet. War Ihnen diese Thematik vor dem Filmprojekt bekannt?
Ferch: Das zwar nicht. Aber dass Wasser irgendwann ein Thema werden wird, weil es sich nur bei drei Prozent des Wasservorkommens auf der Erde um Trinkwasser handelt, liegt auf der Hand. Das ist erschreckend wenig, und irgendwann wird Krieg um Wasser geführt werden, so wie seit Jahren Krieg um Öl geführt wird.
"Energieressourcen, Wasser, Solar, Öl, Gas –
das passt voll in die Zeit"
Waren Sie im Vorfeld denn gar nicht skeptisch, dass das Thema für das Fernsehpublikum etwas zu sperrig sein könnte?
Ferch: Nein, überhaupt nicht. Das sind Themen die, wie ich finde, die Welt braucht. Im ZDF gibt es ja auch eine Projektwoche, die sich eine ganze Woche lang mit dem Thema Ressourcen beschäftigt, und dieser Zweiteiler wird der fiktionale Höhepunkt sein. Es gibt eine Sensibilisierung für diese Thematik: Energieressourcen, Wasser, Solar, Öl, Gas – das passt voll in die Zeit. Die Internationale Automobil-Ausstellung zeigte neulich viele neue Automodelle, die mit Hybridmotor laufen. Oder nehmen Sie den jetzt beschlossenen Atomausstieg. Die Nuklearkatastrophe von Fukushima war eine schlimme Zäsur in der Weltgeschichte, spätestens seitdem sind wir alle massiv mit dem Thema konfrontiert. Allmählich fragt sich doch jeder, wo er seine Energie herbekommt, ohne sich von großen Konzernen abhängig zu machen.
Wird es zunehmend wichtig, dass Filme sich mit den großen Themen befassen, mit Umweltschutz, Wirtschaft oder Moral?
Ferch: Es wird immer Brot- und Butterfilme geben, es wird immer reine Unterhaltung geben, aber es wird immer auch intelligente Unterhaltung geben. Einer meiner Top-Five-Filme ist "The Insider" mit Russel Crowe über die Machenschaften der Tabakindustrie. Ich liebe solche Enthüllungsgeschichten.
Damit der Zuschauer bei der Stange bleibt, wurde das anspruchsvolle Sujet des ZDF-Films sicherheitshalber in eine dramatische Familiengeschichte eingebettet...
Ferch: Eine Familie wird durch die Entführung des eigenen Kindes auf eine harte Probe gestellt. Dann kommt auch noch heraus, dass der Vater, also meine Figur, etwas mit der Entführung zu tun hat. So ein Drama bietet die größtmögliche Identifikationsplattform für den Zuschauer. Und das ist natürlich der ideale Zustand, wenn es gelingt, ein relevantes Thema intelligent und so spannend zu erzählen, dass möglichst viele Leute sagen: Das interessiert mich und ich kriege nebenbei auch noch einen Informations- und Erkenntnisschub.
Sie haben mehrere Wochen lang in Südafrika gedreht. Was waren Ihre Eindrücke?
Ferch: Südafrika ist ein vielseitiges und spannendes Land, in dem die soziale Schere unglaublich weit auseinander klafft. Wir versuchen in dem Film ja auch die verheerende Armut in den Townships zu zeigen. Das sind heftige Eindrücke, die man da bekommt. Der Weg vom Flughafen Kapstadt in die Innenstadt führt an den Townships vorbei, riesige Siedlungen, teilweise in sehr schlimmen Zustand, wo Millionen von Menschen leben. Andererseits gibt es gehobene Stadtteile, die mit Mauern, Stacheldraht und Torwächtern komplett abgeschottet sind.
Haben Sie sich selber jemals bedroht gefühlt?
Ferch: Wir sind natürlich nicht in Stadtviertel gegangen, von denen uns abgeraten wurde, zu Uhrzeiten, von denen uns abgeraten wurde. Aber wir hatten in unserem Team eine südafrikanische Frau, die uns erzählte, dass der 65-jährige Lebensgefährte ihrer Mutter in seinem Sommerhaus am Wasser erschossen wurde, nur weil ein Einbrecher durchs Fenster ein Laptop sah und haben wollte. Es ist erschreckend, wie schnell da jede Grenze überschritten wird.
Er ist der Mann für die ganz großen Rollen: Seit vielen Jahren spielt Heino Ferch in Fernseh- und Kinospektakeln wie "Der Tunnel", "Die Luftbrücke", "Der Untergang" oder "Comedian Harmonists" die erste Geige. Jetzt ist der 48-Jährige im zweiteiligen Ökothriller "Verschollen am Kap" (Zweiter Teil: Donnerstag, 17. November, 20.15 Uhr, ZDF) in einer ambivalenten Rolle zu sehen. Der gebürtige Bremerhavener Ferch ist begeisterter Polospieler und mit einer Reiterin verheiratet. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter und lebt auf einem Bauernhof am Ammersee.