Friedensbeauftragter warnt vor "globaler Eingreiftruppe"
Der evangelische Friedensbeauftragte Renke Brahms hat davor gewarnt, Milliarden für die Bundeswehr als "eine Art globale Eingreiftruppe" auszugeben. Zum Volkstrauertag an diesem Sonntag bekräftigte er: "Wer nicht in den Frieden investiert, fördert den Krieg."

"Wir müssen in die Ursachenbekämpfung von Krieg und Gewalt investieren", forderte der leitende Bremer Theologe und Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Am Volkstrauertag gedenkt Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. Brahms predigte zu diesem Anlass in der Frauenkirche Dresden. "Um den Frieden zu sichern, brauchen wir vorbeugende Maßnahmen für eine gewaltfreie Konfliktbearbeitung", sagte er zuvor. "Wir müssen endlich entschlossen gegen soziale Ungerechtigkeit, Hunger und Armut vorgehen."

Das Thema der gerade laufenden und noch bis zum Buß- und Bettag andauernden bundesweiten Friedensdekade laute "Gier. Macht. Krieg." Mehr denn je müsse darüber nachgedacht werden, wie die Gier begrenzt werden könne - "in uns und unserem Finanz- und Wirtschaftssystem."

Das sei eine Überlebensfrage für die Menschheit, betonte Brahms, der auch theologischer Repräsentant der Bremischen Evangelischen Kirche ist. Die Bundeswehr wandle sich derzeit ohne nennenswerte öffentliche Diskussion zu einer Einsatzarmee. Längst würden Soldaten für Operationen in anderen Ländern als Afghanistan oder Kosovo trainiert. "Ich vermisse die breite öffentliche Debatte, ob wir das wirklich wollen."

Verteidigungsstaatssekretär: Bundeswehr hat "internationale Verantwortung"

Deutschland trauere nicht nur über historische Opfer, betonte Brahms. "Wir haben in Deutschland wieder Kriegstote, seitdem die Bundesrepublik Soldatinnen und Soldaten weltweit in den Einsatz schickt." 53 deutsche Soldaten seien bislang in Afghanistan gestorben. Es gebe zahlreiche Opfer ziviler Organisationen. "Wir trauern auch um die zivilen afghanischen Opfer und um die deutschen Soldaten, die sich unter dem Druck der Ereignisse selbst das Leben genommen haben", ergänzte der EKD-Friedensbeauftragte.

[listbox:title=Mehr im Netz[Am Volkstrauertag gedenkt Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. Der Gedenktag für die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus liegt immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent. Der Tag soll zur Versöhnung und Völkerverständigung beitragen und zu Toleranz und Frieden aufrufen. Die zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag findet in diesem Jahr erneut im Bundestag statt. Die Ursprünge des Volkstrauertags reichen bis in das Jahr 1922, als im Reichstag der Weimarer Republik die erste offizielle Feierstunde stattfand.]]

Zum Thema "Einsatzarmee" äußerte sich auch Christian Schmidt (CSU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. Die Bundeswehr habe "eine große Verantwortung für die internationale Sicherheit", sagte er bei der Herbsttagung des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie in Tutzing. Eine neutrale Position wie die der Schweiz beispielsweise könne man sich hierzulande nicht erlauben, sagte Schmidt. Deutschland sei zu groß, politisch zu bedeutend und von zu vielen direkten Nachbarn umgeben, als dass es sich aus Konflikten heraushalten könne.

Schmidt, der auch Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CSU ist, plädierte für eine "vernetzte Sicherheitspolitik". Nicht einmal die USA seien in der Lage, "alle Fähigkeiten für alle Eventualitäten zu haben", sagte er mit Blick auf militärische Einsätze. Auch Deutschland müsse sich daher weiter in einen Verbund der Sicherheit integrieren und sich noch stärker zur internationalen Zusammenarbeit verpflichten. "Dazu brauchen wir keine 500.000 Mann starke Bundeswehr wie nach der Wiedervereinigung, sondern eine klug agierende."

Militärschlag gegen den Iran?

In Hinblick auf die Diskussion über einen internationalen Militärschlag gegen den Iran und dessen Atomprogramm sagte Schmidt: "Kein Krieg ist gerecht", dennoch sei der Einsatz militärischer Gewalt unter gewissen Umständen gerechtfertigt. Beim Iran gebe es "berechtigte Sorgen", dass sein Atomprogramm eine große Gefahr für Israel darstelle.

Auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Stinner, räumte ein, dass militärische Optionen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden dürfen. Er sagte zugleich: "Eine militärische Option gegen den Iran wäre die größtmögliche anzunehmende Katastrophe mit unabsehbaren Folgen für die ganze Welt."

epd