Das Magdeburger Maritim-Hotel mit seiner schnittigen Architektur, dem hohen Foyer und den kühnen Balustraden lässt von ferne an einen Ozeandampfer denken: kein schlechter Tagungsort für ein Schiff, das sich Synode nennt. Das Parlament der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) will Kurs halten in politischen, gesellschaftlichen und religiösen Fragen. In Magdeburg ist dies den Synodalen durchaus gelungen, auch weil das Miteinander von Deckpersonal und Steuerleuten, allen voran der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, sehr gut funktioniert.
Zwei zentrale Themen, Mission und kirchliches Arbeitsrecht, bestimmten die diesjährige Synodentagung und sorgten auch für öffentlichen Wellengang. Beides hängt zusammen, denn Jesu Auftrag, den Glauben zu den Menschen zu bringen, und die soziale Tätigkeit der Kirche sind zwei Seiten einer Medaille. Beim Arbeitsrecht bekräftigte die Synode den sogenannten Dritten Weg, der ein partnerschaftliches Verhältnis von Dienstgeber und Beschäftigten betont. Streiks sind bei der Diakonie tabu – das ärgert die Gewerkschaften und beschäftigt bald auch das Bundesarbeitsgericht.
Kirche braucht Selbstvergewisserung
Die Frage der Mission bildete unter dem Leitwort "Was hindert's mich, dass ich Christ werde?" den Schwerpunkt der Beratungen. Wie sich Menschen neu für den Glauben gewinnen lassen, ist für die Christen eine der Grundfragen im Zeitalter der wachsenden Säkularisierung. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Kirche zunächst einer Selbstvergewisserung bedarf, bevor sie sich werbend an andere wendet. Als zu defensiv, ja depressiv wurde ein Beschlussentwurf für die Synode kritisiert. In der Überarbeitung wurde das Motiv der Glaubensfreude als Voraussetzung von Mission deutlich gestärkt.
Insgesamt war die diesjährige Tagung des Kirchenparlaments von einer wohltuenden Innerlichkeit geprägt. Nicht laut, aber auch nicht lau wurde diskutiert. Langatmige Debatten zur Geschäftsordnung fielen aus, dafür versammelten sich die Synodalen in einem "Welt-Café" zu lockeren Kleingruppengesprächen. Selbst von einem Wortungetüm wie "Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz", hinter dem sich die Festschreibung des Dritten Wegs verbarg, hielt die Parlamentarier nicht von einer spannenden, aber jederzeit sachlichen Diskussion ab.
Viele Schlagzeilen brachte das EKD-Gremium zwar nicht hervor, aber das ist auch nicht Sinn der Sache. Die Spielregeln sind andere als im Bundestag, der sich auch in Stilfragen manche Scheibe von der Synode abschneiden könnte – gerade im Miteinander der Parteien. Da Präses Katrin Göring-Eckardt (Grüne) Probleme mit den Stimmbändern hatte, sprach ihr Stellvertreter Günther Beckstein (CSU) selbst beim SPD-Synodenempfang an ihrer Stelle – und scherzte prompt: Dass ein Schwarzer eine Grüne bei einer roten Veranstaltung vertrete, sei ja doch ziemlich einmalig.
Kein zweiter stellvertretender EKD-Ratschef
So ganz ohne Wellengang sollte es dann aber doch nicht abgehen. Es war allerdings ein überflüssiger Punkt, an dem die Synode dem 15-köpfigen Rat – der sozusagen die evangelische Bundesregierung bildet – seine Muskeln zeigen wollte. Es ging um die Frage, ob Ratschef Schneider einen weiteren Stellvertreter bekommen sollte, der zudem Nicht-Theologe sein sollte. Das Parlament wollte damit die Rolle der Laien in der EKD stärken. Allerdings verfehlte der Vorschlag bei weitem die Zweidrittelmehrheit, die für die Änderung der Grundordnung notwendig gewesen wäre.
Bei ihrer kommenden Tagung in einem Jahr wird sich die EKD-Synode mit der Vorbereitung des Reformationsjubiläums befassen, das 2017 bevorsteht. Wie beim Thema Mission wird es dabei um die Frage gehen, mit welcher Sprache die Kirche sprechen sollte, damit sie von möglichst vielen Menschen verstanden wird. "Wir müssen als theologische Laien und Experten auskunftsfähig sein gegenüber der Welt", unterstrich der badische Landesbischof Ulrich Fischer. Mit Blick auf 2017 darf die Schiffsglocke auf dem Schiff, das sich Synode nennt, ruhig etwas lauter tönen.
Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und zuständig für das Ressort Kirche + Religion.