Mit nur wenigen Handgriffen können jetzt aber Seiten für Unternehmen und Organisationen, für Produkte und Marken, für Vereine und Gruppen eingerichtet werden. Schon am ersten Tag richteten Endkunden-orientierte Unternehmen wie H&M, Sony, T-Mobile und Toyota eigene Seiten ein, aber auch zahlreiche Verlage, Fußballclubs und Fernsehshows wie die Muppets waren rasch am Start. Seiten lassen sich zudem für Themen und Hobbys einrichten.
Wie auch schon bei den Personenprofilen können auch bei den Seiten Kontakte in verschiedene Kommunikationskreise gruppiert werden. Google schlägt die Einrichtung von Kreisen für VIPs, Teammitglieder und Kunden vor. In seinen Nutzungsbedingungen hält Google allerdings fest, dass nur die Personen eine Seite betreiben dürfen, "die für den Gegenstand dieser Google+ Seite entsprechend vertretungsberechtigt sind".
Nicht alles ist erlaubt
Zur Werbemaschine werden die Google+-Seiten jedoch erst einmal nicht. Unternehmen dürfen nämlich "Wettbewerbe, Gewinnspiele, Angebote, Gutscheine und ähnlichen Werbeaktionen" laut den Werberichtlinien von Google lediglich verlinken, aber nicht auf den Google+-Seiten selbst einbetten. Seiten, die dagegen verstoßen, will Google blockieren oder entfernen. Im Wiederholungsfall soll sogar der Google-Account gesperrt werden.
Bei Facebook hingegen sind Wettbewerbe erlaubt. Sie müssen nur über eine Facebook-App laufen. Grund für diese restriktive Politik könnte sein, so spekuliert das Online-Magazin Techcrunch, dass Google noch nicht bereit ist mit Spam und möglichen Betrugsfällen umzugehen, die bei Wettbewerben schnell der Fall sein können.
Es könnte auch sein, dass Google keine Wettbewerbe zulassen möchte, die mit dem "Plus"-Button arbeiten – etwa, indem eine Teilnahme am Wettbewerb nur möglich ist, wenn man den entsprechenden Beitrag mit einem Plus bewertet. Möglich ist aber auch, dass Google diese Art von Unternehmens- und Produkt-PR per se ablehnt, sondern darauf setzt, dass Unternehmen in einen wirklichen Dialog mit ihren Kunden treten.
Angebot kommt nicht überall gut an
Harsche Kritik an dem Seitenkonzept wurde schon am ersten Tag in der Social-Web-Szene laut. Der PR-Experte Nico Lumma stört sich daran, dass die Seiten "aus Marken-Perspektive einfach noch zu wenig können". So gibt es keine deskriptiven Internetadressen, sondern statt des Markennamens wird eine kryptische Zahlenfolge angezeigt. Mit einer solchen Webadresse lässt sich auf Produkten nicht werben.
Als schwierig empfindet Lumma auch den Umstand, dass sich einmal, vielleicht aus Testgründen angelegte Seiten nicht mehr auf andere Personen übertragen können. Auch gibt es keine Möglichkeit, die Seite mit mehreren Administratoren zu verwalten, was bei Facebook schon seit langem möglich ist. Lumma sagt in Bezug auf den offiziellen Beta-Entwicklungsstatus von Google+: "Beta in allen Ehren, aber das ist Murks."
Social-Web-Berater Thomas Knüwer vermisst die Möglichkeit, dass Kunden auf der Google+-Seite eines Unternehmens wie auf der Facebook-Pinnwand einfach Notizen hinterlassen können. Sie können nur vom Unternehmen veröffentlichte Nachrichten mit themenfremden Inhalten kommentieren – oder eine Nachricht mit dem Unternehmen teilen, das nur das Unternehmen lesen kann.
Facebook bleibt erst einmal gelassen
Das Entwicklungstempo, das Google vorlegt, ist nach wie vor hoch. Google-Manager Bradley Horowitz betont, dass Google nur hundert Tage nach dem Start des neuen Dienstes die Funktionalitäten erneut erweitert habe. Zwar konnte der neue Dienst binnen 100 Tagen schon 40 Millionen Mitglieder gewinnen, doch Facebook kommt inzwischen auf mehr als 800 Millionen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg sieht die neueste Entwicklung daher noch gelassen. In einem Fernsehinterview sagte er, dass Google versuche "seine kleine Version von Facebook zu bauen".
Allerdings könnte es auch gut sein, dass Google bewusst nicht so wie Facebook werden möchte. Denn Google+ eignet sich vor allem für das Teilen von Inhalten. Knüwer glaubt denn auch, dass "Marken, Firmen, Dienstleister immer mehr zu Informationskuratoren, zu Filtern, zu Medien" werden. Ob Unternehmen und Organisationen es dann schaffen, den Input ihrer Kunden oder Mitglieder so zu verarbeiten, dass das Feedback auch die Entwicklung ihrer Produkte und Inhalte beeinflusst, das bleibt abzuwarten.
Christiane Schulzki-Haddouti lebt und arbeitet als freie Journalistin in Bonn.