Der Präsident des Diakonischen Werkes, Johannes Stockmeier, warb am Dienstag vor dem Kirchenparlament in Magdeburg für ein Festhalten am sogenannten Dritten Weg. Den Gewerkschaften, die derzeit gegen das Streikverbot in Kirche und Diakonie protestieren, signalisierte er Gesprächsbereitschaft: "Die Tür bleibt offen."
Im Dritten Weg sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer sogenannten Dienstgemeinschaft verbunden, die friedliche Konfliktlösung anstelle von Streik und Aussperrung anstrebt. Arbeitsbedingungen und Tarife werden in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen in paritätisch besetzten Kommissionen geregelt und Streitfragen durch Schlichtersprüche geklärt. Dieses 1976 eingeführte Verfahren basiert auf dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.
Am Montagabend hatte die EKD-Synode die Beratungen über ein Kirchengesetz aufgenommen, das auf eine bundesweite Vereinheitlichung der kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in Kirche und Diakonie zielt. Dabei wurden in der Synode Bedenken gegen das vorgesehene Streikverbot laut. Stockmeier sagte, es wäre ein starkes Signal, wenn das Gesetz bei der Abstimmung am Mittwoch eine hohe Zustimmung im Kirchenparlament finden würde.
Kein Angriff auf die Gewerkschaften
Auch das Ratsmitglied Klaus Winterhoff unterstrich, Partnerschaft, Parität und verbindliche Schlichtung ohne Streik und Arbeitsrecht seien "Essentials" für das kirchliche Arbeitsrecht. Auch in dem kirchengemäß modifizierten Tarifvertrag, der in den Landeskirchen Nordelbien und Berlin-Brandenburg Praxis ist, gebe es keine Arbeitskampfmittel. Das Gesetz betreffe allein das Diakonische Werk und seine Mitglieder, sagte Winterhoff. Eine Abkehr vom Dritten Weg hätte keinen flächendeckend wirksamen Tarifvertrag zu Folge, vielmehr sei eine Zersplitterung absehbar, warnte der Kirchenjurist aus Westfalen.
Ähnlich äußerten sich Vertreter anderer Landeskirchen. Burkhard Guntau von der hannoverschen Kirche wies darauf hin, dass der Dritte Weg dem im Grundgesetz verankerten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen entspreche und keineswegs einen Verfassungsbruch darstelle. Das Festhalten am kirchlichen Arbeitsrecht richte sich nicht gegen die Gewerkschaften, unterstrich Guntau.
Die Synodale Elisabeth Lingner aus Hamburg warb dafür, den in Nordelbien praktizierten Zweiten Weg mit einem modifizierten Tarifvertrag nicht an den Rand zu drängen. Sie bedauerte, dass Verbesserungen im kirchlichen Arbeitsrecht zugunsten der Arbeitnehmerseite nicht schon früher erfolgt seien. In der Debatte wurde auch deutlich, dass der kirchliche Auftrag von Diakonie nicht in den Hintergrund treten sollte - und im Gegenzug die Kirche ihre Verantwortung gegenüber ihren Angestellten ebenfalls übernehmen muss. Das ginge auch über Vereinbarungen des zweiten Wegs, betonten die Synodalen der beiden Landeskirchen, die den dritten Weg nicht gehen.
"Bleiben sie auf dem Teppich"
Angesichts der laufenden Gerichtsverfahren zum Streikrecht plädierte der rheinische Synodale Uwe Becker dafür, die mögliche Außenwirkung der kirchlichen Debatte über das Arbeitsrecht nicht zu vernachlässigen. "Bleiben sie auf dem Teppich", mahnte der theologische Direktor des Diakonischen Werkes im Rheinland. Becker erinnerte daran, dass es schon jetzt Sanktionen bei Verstößen gegen die Rahmenbedingungen des kirchlichen Arbeitsrechts gebe: Belehrung, Beratung, Ruhen der Mitgliedschaft und Rauswurf.
In seinem Bericht vor der Synode hatte sich der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider bereits am Sonntag zu dem kirchlichen Sonderweg im Arbeitsrecht bekannt. Er bekräftigte zugleich die Notwendigkeit, dass aussagekräftige Zahlen über Umfang und Form der Zeitarbeit und deren Entlohnung sowie Ausgründungen bei der Diakonie erhoben werden. Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände gehören mit rund 900.000 Beschäftigten bundesweit zu den größten Arbeitgebern.
Über das eingebrachte Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz der EKD will die Synode am Mittwoch entscheiden.