Dutzmann: Gewissensnot in Afghanistan wächst
Die Betreuung deutscher Soldaten in Afghanistan stelle die Militärseelsorge vor immer schwierigere Aufgaben, sagte der Militärbischof Martin Dutzmann während der Jahrestagung der EKD in Magdeburg.

Zunehmend wendeten sich Soldaten an Militärseelsorger, weil sie Menschen getötet hätten und zweifelten, ob sie dies nicht hätten verhindern können, sagte der Bischof für die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr, Martin Dutzmann, der Nachrichtenagentur dpa. "Abstrakte ethische Fragen sind Gewissenskonflikten gewichen." Diese beträfen auch Vorgesetzte, die Untergebene in die Situation gebracht hätten, töten zu müssen.

In steigender Zahl seien Seelsorger mit Kriegsversehrten konfrontiert, die im Einsatz schwere Verletzungen erlitten hätten. "Das ist noch wenig bekannt", meinte Dutzmann. Blind, gehörlos, im Rollstuhl oder mit abgetrennten Gliedmaßen kehrten Soldaten nach Deutschland zurück. Der Bischof äußerte sich während der Jahrestagung der EKD in Magdeburg.

Betreuung von Rückkehrern und ihren Familien

Zusätzlich zu Soldaten mit post-traumatischen Belastungsstörungen gebe es solche, die in Deutschland schlichtweg keinen Anschluss mehr fänden. "Kein Mensch versteht mich", laute ihre Klage - und manche gingen daraufhin freiwillig in einen weiteren Afghanistan-Einsatz. Die Militärseelsorge habe deshalb die Betreuung von Rückkehrern und ihren Familien zu einem neuen Schwerpunkt erklärt, sagte der Bischof. Auch eingebunden werden sollen Angehörige ziviler Hilfsorganisationen.

Für die Soldaten ist es nach Aussage Dutzmanns vor allem schwierig, die völlig unterschiedliche Lage im Einsatzgebiet und in Deutschland zu bewältigen. "Während die Soldaten im Krieg sind, werden in Deutschland Sommerfeste gefeiert." Die Trennung von der Familie führe zur Entfremdung, wenn etwa die Frau am Telefon von Schulsorgen der Kinder berichte und ihr Mann den Tod eines Kameraden zu verarbeiten habe. "Das ist richtig schwer."

Derzeit sind in der Bundeswehr 108 evangelische Militärgeistliche im Einsatz, 4 davon an unterschiedlichen Stützpunkten in Afghanistan.

dpa