EKD-Synode äußert Bedenken gegen Streikverbot
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat mit der Beratung über das umstrittene kirchliche Arbeitsrecht begonnen. EKD-Ratsmitglied Marlehn Thieme brachte am Montag in Magdeburg einen Gesetzentwurf ein, der auf eine Vereinheitlichung der kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in Kirche und Diakonie zielt. Dabei wurden in der Synode Bedenken gegen das vorgesehene Streikverbot laut.

Ratsfrau Thieme sagte, das Kirchengesetz sei ein wichtiger Schritt, um den Dritten Weg zukunftsfähig zu machen. Vorgesehen seien deshalb auch Verbesserungen zugunsten der Mitarbeiterseite. Es müsse gewährleistet sein, dass Mitarbeiter in den paritätischen Kommissionen von Arbeitgebern und -nehmern gleichberechtigt mitwirken können: "Angesichts der Veränderungen im Sozial- und Gesundheitswesen braucht die Mitarbeiterseite mehr zeitliche Ressourcen, bessere Fortbildungsmöglichkeiten und juristische Fachberatung, damit Parität besser gelebt werden kann."

Der Dritte Weg sei erfolgreich, wenn sich alle Beteiligten an die grundsätzlichen Verfahrensregeln halten, sagt Thieme, die auch dem Diakonischen Rat angehört. Sie appellierte an die diakonischen Einrichtungen, das kirchliche Arbeitsrecht anzuwenden. "Flucht" oder Umgehung" schadeten der Glaubwürdigkeit von Diakonie und Kirche. Im Falle eines Abschieds vom Dritten Weg werde es zu noch größeren Verwerfungen in der Diakonie kommen, warnte sie.

Rat und Kirchenkonferenz sehen "keine bessere Alternative"

Im Dritten Weg sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer sogenannten Dienstgemeinschaft verbunden, die friedliche Konfliktlösung anstelle von Streik und Aussperrung anstrebt. Arbeitsbedingungen und Tarife werden in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen in paritätisch besetzten Kommissionen geregelt und Streitfragen durch Schlichtersprüche geklärt. Dieses 1976 eingeführte Verfahren basiert auf dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.

In seinem Bericht vor der Synode hatte sich der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider am Sonntag zu dem kirchlichen Sonderweg im Arbeitsrecht bekannt. Er bekräftigte zugleich die Notwendigkeit, dass aussagekräftige Zahlen über Umfang und Form der Zeitarbeit und deren Entlohnung sowie Ausgründungen bei der Diakonie erhoben werden. Eine solche Studie hat der Rat in Auftrag gegeben, bestätigte Thieme gegenüber der Synode.

Am vergangenen Freitag hatten rund 1.500 Menschen auf dem Magdeburger Domplatz gegen das Streikverbot für kirchliche Mitarbeiter protestiert. Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände gehören mit rund 900.000 Beschäftigten bundesweit zu den größten Arbeitgebern. Nach öffentlicher Kritik am Dritten Weg hatten sich Rat der EKD und Kirchenkonferenz mit dem kirchlichen Arbeitsrecht befasst. Beide Leitungsgremien seien zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine bessere Alternative für die besonderen Anforderungen in Kirche und Diakonie gebe, sagte Thieme.

Streikverbot in der Kirche der Freiheit?

Die Synodale Kerstin Griese sprach sich dafür aus, den Dritten Weg zu reformieren und so auch das Verhältnis zu den Gewerkschaften zu verbessern. Das Streikverbot sollte nicht zementiert werden, sagte die SPD-Politikerin. Marie-Luise Görlitz aus der Nordelbischen Kirche wies darauf hin, dass es durchaus Alternativen zum Dritten Weg gebe. In zwei großen Kirchen - Nordelbien sowie Berlin-Brandenburg - gebe es modifizierte Tarifverträge. Der Hamburger Propst Horst Gorski argumentierte, es widerspreche einer Kirche der Freiheit, der Mitarbeiterseite gesetzlich eine Mitwirkung der Gewerkschaften zu verwehren.

Ratsmitglied Edeltraud Glänzer räumte besondere Schwierigkeiten mit dem Gesetz ein, das ein Streikverbot enthält. Sie regte an, wegen der verschärften Wettbewerbssituation über Branchentarifverträge nachzudenken. Diese könnten zu gleichen Wettbewerbsbedingungen im Sozialsektor beitragen, argumentierte Glänzer, die Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie ist.

epd