Schneider: "Wir werden keine geöffneten Fenster schließen"
Kirchentag, Reformationsjubiläum, Mindestlohn, Christenverfolgung, PID, Gorleben, Afghanistan, Dritter Weg, Euro und Griechenland: In seinem mündlichen Bericht vor der Synode streifte EKD-Ratsvorsitzender viele Themen. Im Mittelpunkt der Aufmerksamtkeit für den Vortrag des Ratsvorsitzenden standen aber seine Äußerungen zum Papstbesuch.
06.11.2011
Von Hanno Terbuyken

"Die für viele ökumenisch engagierte Menschen enttäuschende Papstpredigt im Gottesdienst kann und soll nicht das Bild der ökumenischen Begegnung in Erfurt bestimmen." So fasste Schneider seine Stellung zum Besuch Benedikts XVI. zusammen. Beim Papstbesuch habe es zwei verschiedene Bilder der ökumenischen Position des Papstes geben: Das eine im nicht-öffentlichen Treffen zwischen Papst und EKD, und die öffentliche Predigt Benedikts im Gottesdienst. "Ein geschwisterlicher Geist prägte die Begegnung", erklärte Schneider über das nicht-öffentliche Treffen und machte zugleich klar, dass niemand "Gastgeschenke" erwartet habe. Dennoch seien inhaltliche Impulse für die Ökumene ausgeblieben.

Der Ratsvorsitzende zeigte sich unbeeindruckt vom öffentlichen Bild der ökumenischen Enttäuschung nach dem Papstbesuch: "Wir werden keine bereits geöffneten Fenster wieder schließen", sondern "beharrlich bei unserer ökumenischen Ausrichtung bleiben." Dafür bekam Schneider Applaus von den Synodalen. Das theologische Gespräch sei nach wie vor gewollt und wichtig, sagte Schneider und plädierte dafür, "die Ökumene der Profile zu einer Ökumene der Gaben fortzuentwickeln".

Papst Benedikts Forderung nach der "Entweltlichung" von Kirche stellte Präses Schneider eine klare Ansage entgegen: "Gott selbst hat sich in Jesus Christus 'verweltlicht'", deshalb lebten wir "unseren christlichen Glauben nicht weltfremd und nicht weltflüchtig".

"Es gibt Hoffnung in Afghanistan, aber auf dünnem Eis"

Seinen mündlichen Bericht hatte der Ratsvorsitzende unter das Wort vom "Haus der lebendigen Steine" gestellt. Ein Teil dieses Hauses baut sich gerade neu, und der Präses lobte mit Blick auf die Reformen in der Kirche den erfolgreichen Weg der Mitteldeutschen Kirche und die Nordkirche. Sie sei "die erste echte Ost-West-Kirchengründung". "Ganz großen Respekt und viel Erfolg auf dem weiteren Weg" wünschte Schneider den Delegierten aus den nordischen Landeskirchen und bekam auch dafür Applaus von den Synodalen.

Beifall gab es für einige weitere gefällige Sätze des Ratsvorsitzenden. Sei es bei der Begrüßung der Mindestlohn-Debatte, beim Dank an die Bundesregierung für ihre klaren Worte zur Christenverfolgung, bei der Forderung nach einer Aussetzung der Erkundung des Salzstocks Gorleben – die "Ewigkeitslast der Endlagerung" sei eine "nationale Aufgabe" – oder bei der Betonung der "Parteinahme für Flüchtlinge" als besondere Pflicht des Christenmenschen: Die Synode nahm seinen Bericht positiv auf.

Auch zu Afghanistan äußerte sich Schneider. Im Frühjahr hatte er dort Bundeswehrsoldaten und zivile Aufbauprojekte besucht. "Aus dem Munde von Verantwortlichen der Organisationen habe ich gehört, dass ziviles Engagement in vielen Fällen eines von Terrorgruppen befreiten und freien Raumes bedarf", berichtete Schneide, ließ aber auch nicht außer Acht, dass nicht alle friedensbewegten Christen der Friedensdenkschrift zum "Gerechten Frieden" zustimmen. Und Schneider hatte auch eine Antwort auf seine Vorgängerin Margot Käßmann parat: "Nichts ist gut in Afghanistan" – mit diesem Satz wurde ich am Ende meiner Reise konfrontiert. Meine Antwort lautet: "Es gibt Hoffnung in Afghanistan, aber auf dünnem Eis."

Der komplette mündliche Bericht des Ratsvorsitzenden ist hier nachzulesen.


Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de.