Wunder sind möglich, wenn Menschen auf Gott vertrauen
Krisengeschrei auf der Erde: Der siebenmilliardste Mensch ist geboren worden! Krisengeschrei auch in der biblischen Geschichte, in der die Jünger Angst haben, mit ihrem Boot unterzugehen. "Gott ist bei uns", sagt Pfarrerin Lucie Panzer in ihrer Andacht, "Er lässt seine Menschen nicht verderben. Er hält die ganze Welt in seiner Hand."
03.11.2011
Von Pfarrerin Lucie Panzer

Ungefähr seit Montag leben sieben Milliarden Menschen auf der Erde. "Es wird enger auf der Welt" war die Schlagzeile meiner Zeitung. Ich als Leserin sollte wohl begreifen: Schon wieder droht eine neue Gefahr! sieben Milliarden Menschen: was für eine Katastrophe! Als hätten wir nicht Krisen, Gefahren und Katastrophen genug auf der Welt. Sieben Milliarden Menschen. Und die Befürchtung ist: es wird eng. Dabei sagen renommierte Bevölkerungsexperten, wenn man alle sieben Milliarden Menschen nebeneinander auf Stühle setzt, reicht der Platz, den die Insel Mallorca bietet. Und die Nahrungsmittel, die produziert werden, reichen für das Siebenfache der heute lebenden Menschen, wenn man nicht große Teile der Ernte an Vieh verfüttern würde, um Fleisch zu produzieren.

Man kann also etwas tun. Politiker und Nichtregierungsorganisationen können etwas tun. Sogar jeder einzelne von uns kann etwas tun: Wir können auf täglichen Fleischgenuss verzichten, wir können mit unserem Einkaufsverhalten dazu beitragen, dass die noch nicht weit genug entwickelten Länder voran kommen. Und wenn sogar diese Bevölkerungskrise nicht so bedrohlich ist – wieso sollten die Verantwortlichen nicht auch Wege finden aus den anderen Krisen, in die wir uns hinein manövriert haben, weil wir meinten, es müsste immer mehr sein von allem. 

Wir haben in vielem über unsere Verhältnisse gelebt. Und jetzt ist die Angst groß, dass die Krise, in die wir damit geraten sind, nicht mehr zu beherrschen ist. Das Krisengeschrei mancher Politiker und in manchen Medien erinnert mich ein bisschen an das Geschrei jener Männer, die es im Sturm mit der Angst kriegen. Die Bibel erzählt ihre Geschichte. Jesu Jünger, heißt es, fahren in einem Boot über den See. Jesus ist bei ihnen, aber man beachtet ihn anscheinend kaum. Er schläft. Da kommt ein Sturm auf, die Situation wird kritisch. Es droht Gefahr. Eine Katastrophe scheint bevor zu stehen. Man muss mit dem Schlimmsten rechnen. Die Männer fangen an zu schreien. Jesus wacht auf. Er fragt sie: Warum seid ihr so ängstlich? Habt ihr keinen Glauben? Dann, heißt es, beruhigt er den Sturm. Es geht weiter. Die Männer nehmen das Ruder wieder in die Hand und richten die Segel.

"Ich finde, wir brauchen ein Wunder"

Ein Wunder! Vielleicht denken sie jetzt: Aber liebe Frau Pfarrer, sind Sie denn so naiv, dass Sie auf ein Wunder warten wollen in den Krisen dieser Tage? Und meine Antwort lautet: Ja, ich finde, wir brauchen ein Wunder. Die Frage ist bloß: Wie sieht es aus, das Wunder, das wir brauchen? Jesu Frage hat mich darauf gebracht. "Habt ihr den keinen Glauben", hat er gefragt. Habt ihr kein Vertrauen auf Gott? Eure Angst, macht euch kopflos. Ihr meint, es ist alles verloren und ihr könnt gar nichts tun.

Vielleicht war es ja wirklich so: Als die Männer im Boot das Gefühl hatten, wir sind ganz allein und alles hängt von uns ab, da gerieten sie in Streit über die nötigen Maßnahmen. Da versuchte jeder in Panik, nur noch sich selber zu retten. Aber als sie begriffen haben: Gott ist bei uns. Er lässt seine Menschen nicht verderben. Er hält die ganze Welt in seiner Hand. Auch mich und dich. Da wurde es ruhiger. Oder vielleicht wurden sie ruhiger? Da nimmt jeder sein Ruder und tut, was er kann. Da gelingt es ihnen gemeinsam, das Schiff zu stabilisieren. Und sie gelangen in ruhigeres Wasser und irgendwann legt sich der Sturm. Ich finde, das ist auch ein Wunder. 

Solche Wunder sind möglich, wenn Menschen darauf vertrauen: Gott ist mit uns auch in Krisen und drohenden Katastrophen. Er lässt uns nicht untergehen. Das erlöst uns von unseren Ängsten und Lähmungen. Dann kann man das Geeignete tun, um die Katastrophe abzuwenden. In den persönlichen Krisen genauso wie in den weltweiten gilt ja: Die meisten sind menschengemacht. Und deshalb kann man eine Menge tun. Die Politiker und jeder einzelne von uns, der nicht voller Angst nur daran denkt, sich selbst zu retten oder in Angststarre verfällt.

Auf der Welt leben jetzt sieben Milliarden Menschen. Ein Viertel davon sind junge Leute. Sie haben das Potential die Welt zu verändern. Wie Bill Gates, der dafür gesorgt hat, dass auch ältere Damen wie ich die Fenster der digitalen Welt öffnen können. Oder wie Marc Zuckerberg, der den Jungen hilft, sich zu vernetzen und zusammen zu schließen. Warum lassen wir nicht endlich das Krisengerede hinter uns und sagen zum Beispiel: sieben Milliarden Menschen! Welche Chance für uns alle.


Lucie Panzer ist Pfarrerin der württembergischen Landeskirche im Landespfarramt für Rundfunk und Fernsehen.