Nato beendet Militäreinsatz in Libyen
Die Nato beendet ihren Militäreinsatz in Libyen - und ist stolz auf den Erfolg. Nun sei es an die Libyer, ein demokratisches Land aufzubauen. In der libyschen Wüste wird eine Tonne Senfgas aus Gaddafis Beständen gefunden. Aber andere Waffen bereiten Sorgen.

Die Nato beendet ihren Militäreinsatz in Libyen an diesem Montag - auf den Tag genau sieben Monate nach seinem Beginn. "Der Einsatz ist einer der erfolgreichsten in der Geschichte der Nato", erklärte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Freitag in Brüssel. Nun sei es Sache der Libyer, ein "neues Libyen auf der Grundlage von Versöhnung, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit, ein demokratisches Libyen für alle Bürger" zu schaffen.

Die neuen Machthaber in Tripolis meldeten unterdessen den Fund von einer Tonne Senfgas aus den einstigen Beständen von Muammar al-Gaddafi. Der mittlerweile getötete einstige Machthaber hätte das giftige Gas in seinem Krieg gegen die Revolutionstruppen aber nicht einsetzen können, da ihm dafür die technischen Möglichkeiten gefehlt hätten, sagte Armee-Oberst Saad al-Gamati der libyschen Zeitung "Qurayna al-Jadida". Die chemischen Kampfstoffe seien in einem Wüstengebiet südlich der Stadt Al-Dschufra gelagert.

Nato ist auch weiterhin zur Hilfe bereit

Der UN-Sicherheitsrat wollte möglicherweise noch am Freitag über einen Resolutionsentwurf Russlands abstimmen, der die Übergangsregierung in Tripolis auffordert, die Waffen im Land zu erfassen, einzusammeln oder zu zerstören. Besondere Sorgen bereiten kleine Flugabwehrraketen, die von der Schulter abgefeuert werden. Beispiele sind die amerikanischen "Stinger" oder die russischen "Strela". Experten befürchten, dass Terroristen sie gegen Passagiermaschinen einsetzen könnten.

Auf Beschluss des Nato-Rats endet der Einsatz des Bündnisses zeitgleich mit dem Mandat des UN-Sicherheitsrates am 31. Oktober. Das UN-Mandat erlaubte "alle nötigen Maßnahmen" zum Schutz der Zivilbevölkerung vor Übergriffen der Truppen Gaddafis. Aber auch darüber hinaus sei die Nato zur Hilfe bereit, sagte Rasmussen, "falls das benötigt und erbeten wird". Dies beziehe sich auf Hilfe bei der Reform des Sicherheits- und Verteidigungsapparates.

Während des Einsatzes wurde kein Nato-Soldat verletzt

An der Militäraktion der Nato waren zwölf Bündnisstaaten und vier andere Länder aktiv beteiligt. Der Nato-Einsatz war auf Flugzeuge und Schiffe beschränkt; Bodentruppen wurden zumindest offiziell nicht eingesetzt. Während des gesamten Einsatzes wurde kein Nato-Soldat verletzt. Nato-Flugzeuge flogen seit Ende März rund 26 000 Einsätze, davon gut 9600 Kampfeinsätze. Nato-Kriegsschiffe kontrollierten mehr als 3100 Schiffe vor der libyschen Mittelmeerküste.

Deutschland beteiligte sich nicht direkt an der Militäraktion, da Berlin im Weltsicherheitsrat der UN-Resolution nicht zugestimmt hatte. Allerdings wurde durch Verstärkung der deutschen Besatzungsmitglieder der Nato-Aufklärungsflugzeuge über Afghanistan Raum für den Einsatz anderer AWACS-Aufklärer über Libyen geschaffen.

Auslieferung des flüchtigen Gaddafi-Sohns Saif al-Islam angestrebt

Mit dem Militäreinsatz hatte die Nato auf das gewaltsame Vorgehen von Gaddafis Regierungstruppen gegen Demonstranten reagiert. Diese hatten, ausgehend von Bengasi im Osten des Landes, seit Mitte Februar Demokratie und ein Ende der Alleinherrschaft Gaddafis in Libyen gefordert.

Die geplante UN-Resolution soll die Libyer auffordern, sämtliche Chemiewaffen im Land zu erfassen und sich mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag abzustimmen. Um die Isolation Libyens zu beenden, hatte Gaddafi 2003 die Vernichtung aller von ihm gehorteten Massenvernichtungswaffen versprochen. Experten hatten jedoch vermutet, dass er auch danach noch mehrere Tonnen Senfgas besaß.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag strebt derweil die Auslieferung des flüchtigen Gaddafi-Sohns Saif al-Islam an. Bislang unbestätigten Medienberichten zufolge soll Al-Islam dem Übergangsrat aus seinem Versteck Bereitschaft signalisiert haben, sich zu ergeben, wenn seine Überstellung nach Den Haag garantiert werde. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen - darunter Morde an Hunderten Zivilisten, Folterungen und gezielte Massenvergewaltigungen.

dpa