12.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Herz, eine Lunge oder eine Niere. Und drei Menschen sterben pro Tag in Deutschland, weil sie das benötigte Organ nicht bekommen. Gleichzeitig finden rund 80 der Deutschen eine Organspende sinnvoll – aber nur rund zwölf Prozent besitzen laut der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) einen Organspendeausweis. Viel zu wenig – findet nicht nur Gesundheitsminister Daniel Bahr. Um die Lücke zwischen Bereitschaft und tatsächlicher Spende zu schließen, denken Politiker darüber nach, ob und vor allem wie das bestehende Gesetz novelliert werden soll.
[listbox:title= Infos rund um die Organspende[Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Organspende ## Deutsche Stiftung Organspende ## Informationen von und über Eurotransplant ## Der Organspendeausweis zum Download ## Informationen gibt es auch per Telefon Montag bis Freitag von 9 bis 18 unter 0800/90 40 400]]
Das Transplantationsgesetz (TPG) – oder genauer: das Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben regelt in Deutschland alles rund um das Thema Organspende und -transplantation. Bisher gilt in Deutschland die erweiterte Zustimmungslösung. Das bedeutet: Organe kommen nach dem Hirntod eines Menschen dann als Spende in Betracht, wenn der Betroffene zu Lebzeiten ausdrücklich erklärt hat, dass mit eine Organentnahme einverstanden ist – zum Beispiel durch einen Organspendeausweis. Gibt es keine Erklärung dafür oder dagegen, müssen die Angehörigen entscheiden – im Sinne des Verstorbenen.
In vielen anderen EU-Ländern gilt die Widerspruchslösung – zum Beispiel in Belgien, Österreich, Polen oder Spanien. Bei dieser Reglung geht man vom grundsätzlichen Einverständnis zur Organspende aus – es sei denn, der potentielle Spender hat der Spende zu Lebzeiten widersprochen. Die Spende-Quote ist – je nach Land – unterschiedlich. Spanien ist mit 34,4 Organspenden pro Millionen Einwohner im Jahr 2009 das Land mit den meisten Organspendern. Polen hingegen lag 2009 nur bei 11 Spenden pro Millionen Einwohner - weit unter dem Durchschnitt, trotz Widerspruchslösung.
Dies ist keine parteipolitische Reform, sondern eine lebensnotwendige
Für Deutschland wurde die Widerspruchslösung gar nicht erst diskutiert – sie nehme zu sehr Einfluss auf das Persönlichkeitsrecht, sagen Kritiker. Und so kam in der deutschen Debatte um die Gesetzesnovellierung die Entscheidungslösung ins Spiel. Mindestens ein Mal im Leben soll jeder Bürger dazu aufgefordert werden sich zu entscheiden, ob er im Fall der Fälle Organe spenden will. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will dazu die Krankenkassen in die Verpflichtung nehmen. Wenn die elektronische Gesundheitskarte kommt, sollen sich Versicherten auch zur Organspende äußern – dazu hatte er sogar schon einen Änderungsantrag für das Transplantationsgesetz in der Tasche. Obwohl die Lösung parteiübergreifend für gut befunden wurde – scheiterten die Verhandlungen der Koalition.
Der Grund ist ein Detail. Eigentlich geht es um die Frage, ob und wenn ja welcher Druck auf die Versicherten ausgeübt werden soll, die Spenderfrage mit Ja, Nein oder auch Unentschieden zu beantworten. Während Bahr und die CDU auf Freiwilligkeit setzen, fordert die SPD größeren Druck. Einig werden konnte man sich darüber bisher nicht.
Dass sich bei der Organspende etwas ändern muss, weiß die Politik. Auch, dass dies keine rein parteipolitische Reform ist, sondern eine, die für viele Patienten eine lebensnotwendige ist. Wie man aber zu einem Konsens kommen soll, ist bisher nicht klar. Klar ist nur der Fahrplan: Bis Ende 2011 soll die Novellierung des Gesetzes über die Bühne sein.
Maike Freund ist Redakteurin bei evangelisch.de.