Mehr als 200 Tote nach Erdbeben in Ost-Türkei
Es war das heftigste Beben der vergangenen Jahrzehnte im Osten der Türkei: Mindestens 200 Tote sind bislang geborgen worden, 1.000 Menschen wurden verletzt. Türkische Experten rechnen angesichts der Stärke des Bebens von 7,2 mit mindestens 1.000 Toten.

Nach dem Erdbeben im Osten der Türkei ist die Zahl der Toten am Montag auf mindestens 217 gestiegen. Mehr als 1.000 Menschen seien verletzt, berichteten türkische Fernsehsender unter Berufung auf Behörden. Der Krisenstab der Regierung erklärte, in dem Erdbebengebiet seien insgesamt 970 Gebäude zerstört worden. Nach dem Beben der Stärke 7,2 in der Provinz Van erwartete die Istanbuler Erdbebenwarte Kandilli insgesamt mehr als 1.000 Todesopfer. Deutschland und andere Staaten boten Hilfe bei den Rettungsarbeiten an.

Am Montag setzten Rettungs-Teams Bagger und Kräne ein, um eingestürzte Betonbauten abzutragen. In der Nacht hatten Helfer berichtet, aus mehreren Gebäuden seien Hilferufe Verschütteter gehört worden. Bis in den Morgen gab es mehr als 20 stärkere Nachbeben in der Region, wie das Deutsche Geoforschungszentrum Potsdam berichtete.

In das Krisengebiet in der Provinz Van wurden nach türkischen Regierungsangaben mehr als 1.200 Helfer geschickt. Auch Einheiten der Armee sind im Einsatz. In Ercis, der am stärksten betroffenen Stadt, seien zwei provisorische Krankenhäuser aus Zelten errichtet worden.

Hilfsangebote für Rettungsarbeiten

Aserbaidschan und Bulgarien schickten Hilfe in die Türkei, obwohl Ankara erklärt hat, mit der Lage selbst fertig zu werden. Die Regierung akzeptierte aber die Hilfsangebote, weil sie am bereits am Vortag schon auf den Weg gebracht worden waren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach der türkischen Regierung ihre Anteilnahme aus. "Mit Erschütterung habe ich von dem schweren Erdbeben in Ihrem Land erfahren, das so viele Menschen das Leben gekostet hat", schrieb Merkel am Sonntag in einem Beileidstelegramm an Erdogan. "Deutschland steht der Türkei in dieser schweren Stunde bei", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Sonntag in Berlin. Westerwelle sprach der türkischen Regierung, dem türkischen Volk und den Menschen in der betroffenen Region "aufrichtige Anteilnahme" aus. Für schnelle und unbürokratische Hilfe sprachen sich auch die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir aus.

Auch Russland bot Hilfe an. Moskau könne innerhalb kurzer Zeit Rettungskräfte mit Suchhunden und schwerer Technik sowie ein mobiles Feldlazarett in die Krisenregion bringen, sagte Präsident Dmitri Medwedew am Sonntag nach Angaben des Kreml in Moskau. Er habe das Zivilschutzministerium beauftragt, zwei Transportmaschinen vom Typ Iljuschin Il-76 abflugbereit zu machen. Sollte Ankara das Angebot annehmen, könne Moskau zusätzlich Psychologen in das Katastrophengebiet bringen, sagte Medwedew. Der Staatschef sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus.

Fast das ganze Land ist erdbebengefährdet

Die Türkei wird immer wieder von heftigen Erdbeben heimgesucht. In der Provinz Van gab es 1976 ein Erdbeben mit fast 4.000 Toten. Das Land lebt in ständiger Angst vor neuen Erdstößen durch die Reibung tektonischer Platten in der Erdkruste. Rund 92 Prozent des Landes liegen auf Erdbebengürteln. Etwa 95 Prozent der Türken leben auf unsicherem Grund, auf dem auch 98 Prozent der Industrieanlagen sowie die wichtigsten Staudämme und Kraftwerke stehen.

Das Erdbeben war auch im Nachbarland Armenien spürbar. In der Hauptstadt Eriwan seien tausende Menschen aus Angst vor einstürzenden Häusern ins Freie geflüchtet, berichteten örtliche Medien. Präsident Sersch Sargsjan erklärte, er wolle an einem für diesen Montag geplanten Staatsbesuch in Russland festhalten. Im Dezember 1988 waren bei einem Erdbeben der Stärke 6,8 im Norden von Armenien mehr als 20.000 Menschen ums Leben gekommen.

dpa