TV-Tipp des Tages: "Allein" (EinsFestival)
Mal neurotisch, mal psychotisch: Während Marias Tage als Uni-Bibliothekarin in mehr oder weniger geregelten Bahnen verlaufen, sind die Nächte geprägt von Exzessen.
21.10.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Allein", 28. Oktober, 20.15 Uhr bei EinsFestival

Mal neurotisch, mal psychotisch: Maria (Lavinia Wilson) führt ein Leben ohne Grenzen. Früher nannte man das manisch-depressiv, heute heißt es "Borderline-Syndrom". Während Marias Tage als Uni-Bibliothekarin in mehr oder weniger geregelten Bahnen verlaufen, sind die Nächte geprägt von Exzessen. Sie sucht permanent nach Nähe, reduziert ihre Beziehungen (unter anderem Richy Müller) aber auf Sex ohne Gefühle.

Parabel über großstädtische Einsamkeit

Wenn ihr ein Mann zu nahe kommt, stößt sie ihn weg. Erst als sie Jan (Maximilian Brückner) kennen lernt, einen Studenten der Tiermedizin, findet sie vorübergehend die Kraft, den Teufelskreis aus Sex, Tabletten und Alkohol zu durchbrechen. Aus Angst, Jan zu verlieren, hält sie ihr früheres Leben vor ihm geheim. Doch die Vergangenheit kehrt zurück.

Der Titel ist ebenso schlicht wie zutreffend: "Allein", das Drehbuch- und Regiedebüt von Thomas Durchschlag aus dem Jahr 2005 (die ARD hat am Mittwoch seinen Film "Holger sacht nix" gezeigt) ist eine wenig freudvolle Parabel über großstädtische Einsamkeit. Maria, deren Unterarme durch diverse Narben verunstaltet sind, ist bloß eine Extremversion ganz normaler urbaner Isoliertheit. Durch die Borderline-Erkrankung wird ihr Verhalten natürlich ins Extrem gesteigert: Immer wieder rastet die junge Frau unvermittelt aus.

Während sich Maximilian Brückner darauf beschränken muss, als Mann an ihrer Seite Marias Aussetzer mit stoischer Geduld zu erleiden, verkörpert Lavinia Wilson die Grenzverletzungen mit fast schon beängstigender Intensität. Sie wurde für diese Rolle beim Max-Ophüls-Preis als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).