"Werke ausgezeichneter Schönheit will ich erwerben": Dass der zum Geiz neigende König Ludwig I. von Bayern (1786-1868) bei der Kunst eine Ausnahme machte, ist rückblickend betrachtet ein großes Glück. Denn seine Kunstbegeisterung, die mit diesem Zitat in der Chronik vermerkt ist, hat München und der Kunstwelt eines der bedeutendsten Museen der Welt beschert: die Alte Pinakothek. Auf seiner Idee beruhte der Bau, den Architekt Leo von Klenze schließlich in die Tat umsetzte.
Am 7. April 1826 wurde der Grundstein für das Gebäude gelegt, die Bauarbeiten dauerten zehn Jahre, am 16. Oktober 1836 wurde das Museum eröffnet. An diesem Sonntag feiert die Alte Pinakothek ihr 175-jähriges Bestehen mit einem großen Festakt, zu dem auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erwartet wird.
Von der "höchsten Vollkommenheit der Malerey, die zu erreichen bis jetzt einem Menschen gelungen", sprach der bayerische Finanzminister Graf Armansperg an jenem 7. April vor mehr als 180 Jahren. Er meinte damit den Künstler Raffael (1483-1520), auf dessen Geburtstag die Grundsteinlegung fiel - so ähnlich aber hätte er auch das Programm für das Kunstmuseum beschreiben können.
Die Sammlung gilt als eine der wichtigsten Kunstsammlungen der Welt
Heute, in ihrem 175. Jahr, gilt die Sammlung in dem opulenten Bau in der Münchner Innenstadt als eine der wichtigsten Kunstsammlungen der Welt. Ihre Schwerpunkte: altdeutsche Malerei und frühe italienische Malerei. Die Alte Pinakothek beherbergt unbezahlbare Meisterwerke - von Sandro Botticelli und Leonardo da Vinci über Albrecht Dürer und Peter Paul Rubens bis hin zu Rembrandt. Auch Werke eben jenes "vollkommenen" Raffael fanden in der Pinakothek (griechisch: Bildersammlung) ein Zuhause.
Nach Angaben von Klaus Schrenk, dem Direktor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, hatte das Museum im vergangenen Jahr rund 220.000 Besucher. Das sind zwar deutlich weniger als der Jahresschnitt Anfang der 90er, als die Zahlen laut Chronik noch bei rund 350.000 lagen. Doch Schrenk zeigt sich trotz allem zufrieden mit der Zahl derer, die sich mit ehrfürchtigem Schweigen und auf leisen Sohlen über das knarrende Parkett bewegen - und fasziniert vor Rubens monumentalem "Jüngsten Gericht" aus dem Jahr 1617 ausharren.
Für den Hochaltar der Jesuitenkirche in Neuburg an der Donau geschaffen, erregte das Bild wegen der vielen nackten Menschen darauf die Gemüter und musste sogar teilweise verhängt werden. Heute ist das sechs Meter hohe und viereinhalb Meter breite Gemälde das Herzstück der Sammlung; die Rubens-Sammlung in München ist eine der bedeutendsten weltweit.
1944 später legten Bomben die Pinakothek in Schutt und Asche
Die schwere Bombardierung Münchens im Zweiten Weltkrieg überstand die Kollektion, weil sie schon bei Kriegsausbruch 1939 in Sicherheit gebracht worden war - bei 12.000 Bildern eine Mammutaufgabe. Rubens' "Großes Jüngstes Gericht" etwa lagerte im Schloss Hohenburg bei Lenggries, wie aus der Chronik der Alten Pinakothek hervorgeht. 1943 trafen Bomben erstmals den großen Klenze-Bau, ein Jahr später wurde die Pinakothek dann fast komplett in Schutt und Asche gelegt.
Es dauerte Jahre, bis die Kunstwerke wieder nach München zurückkehren konnten. Erst 1957 konnte die Pinakothek wiedereröffnet werden, 1963 war der Aufbau komplett abgeschlossen. Ein Schock dann im Jahr 1988: Ein Besucher übergoss zahlreiche Werke Albrecht Dürers mit Säure. Von einer "Katastrophe menschlicher wie auch kulturhistorischer Dimension" ist in der Pinakotheken-Chronik die Rede. Bei der Wiedereröffnung der Alten Pinakothek nach einer vierjährigen Generalsanierung im Jahr 1998 konnten die Werke mit einer Ausnahme wieder gezeigt werden: Dürers "Maria als Schmerzensmutter" war zu schwer beschädigt.
Die Alte Pinakothek hat ihr Ehrenjahr mit einer Vielzahl von Sonderausstellungen gefeiert. Am Donnerstag startete die Ausstellung "Perugino - Raffaels Meister" - sie schließt die Ausstellungsreihe zum Jubiläum ab. Zuvor hatte das Museum unter anderem "Schätze aus dem Depot" gezeigt, mit Johannes Vermeers "Frau mit Waage" einen ganz besonderen Gast empfangen und die reichen Cranach-Bestände der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen präsentiert.