Eine Woche nach der Havarie der "Rena" an einem Riff vor Neuseeland hat sich der Kampf gegen die Ölpest dramatisch zugespitzt. Die Bergungsteams stellten am Mittwoch am Rumpf des 236 Meter langen Schiffes einen großen Riss fest. Der leckgeschlagene Frachter könne bei schweren See jederzeit auseinanderbrechen und sinken, hieß es. Die restlichen 1.300 Tonnen Schweröl aus seinen Tanks könnten ins Meer strömen und die bislang schlimmste Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes auslösen. Für das Unglück machen die Behörden den Kapitän und seinen Zweiten Offizier verantwortlich. Sie wurden offiziell beschuldigt und müssen mit Haftstrafen rechnen.
Giftige und übelriechende schwarze Flut erreicht Küste
Bis zu 400 Tonnen Schweröl sind bereits ins Meer gelaufen. Etwa 200 ölverklebte Seevögel, darunter auch Zwergpinguine, verendeten, wie die staatliche Schifffahrts- und Meeresschutzbehörde (MNZ) mitteilte. Auch fünf ölverklebte Seehunde wurden entdeckt. Auf einer Länge von 30 Kilometern erreichte die giftige und übelriechende schwarze Flut die Küste und die weißsandigen Strände der Plenty-Bucht nahe der Hafenstadt Tauranga. Zahlreiche Freiwillige, darunter 150 Soldaten, helfen beim Reinigen des Ufers. Auf dem Meer sind ein Dutzend Schiffe im Kampf gegen die Ölpest im Einsatz.
Wegen schlechten Wetters habe man die Bergungsarbeiten an der "Rena" zeitweise zurückfahren müssen, sagte ein Sprecher der Reederei Costamare in London. "In den letzten 24 Stunden hat das Wetter gegen uns gearbeitet." Ob ein Auseinanderbrechen drohe, könne er derzeit nicht sagen. "Wir hoffen natürlich sehr, dass das nicht passiert."
"Wir hatten am Montag die ersten Ölflecken vom Unfall. Die waren riesengroß, teilweise so groß wie ein Autoreifen", sagte Julian Klose der Nachrichtenagentur dpa. Der 20-Jährige aus Hildesheim in Niedersachsen arbeitet seit einem Monat als Aushilfe in einem Restaurant der Stadt. Anwohner wurden wegen des Gestanks aufgefordert, die Fenster geschlossen zu halten. Auf der kleinen Motiti-Insel brachen Maori-Bewohner in Tränen aus, als sie das Öl erblickten. Sie leben vor allem vom Fischfang.
"Unnötige Gefahren und Risiken" bei Schiffsführung
Die Behörden werfen dem 44-jährigen philippinischen Kapitän und seinem Zweiten Offizier vor, für "unnötige Gefahren und Risiken" bei der Schiffsführung verantwortlich zu sein. Nach neuseeländischem Recht steht darauf bis zu ein Jahr Haft. Der Zweite Offizier ist in der Regel für die Navigation und die Pflege der Seekarten zuständig. Der Kapitän sei sehr erfahren und zuverlässig, betonte der Reederei-Sprecher.
Die örtlichen Behörden wundern sich, wie es zu der Havarie kommen konnte. Das nur 80 Meter breite Riff sei seit mehr als 180 Jahren in den Seekarten verzeichnet, und es gebe für Schiffe klare Anweisungen, wie es zu umrunden sei. Das Unglück geschah am 5. Oktober. An dem Tag hatte der Kapitän Geburtstag, wie nach Medienberichten aus den Ermittlungsunterlagen hervorgeht.
Schlechtes Wetter hat bislang das Abpumpen der noch an Bord verbliebenen knapp 1.300 Tonnen Öl verhindert. Besatzung und Bergungsteams mussten wegen schlechten Wetters von Bord. Das Schiff hat inzwischen eine Schlagseite von fast 20 Grad. Die hohen Wellen spülten zudem 70 der fast 1.400 Container des Frachters ins Meer, sie sind eine große Gefahr für andere Schiffe.
Das Unglücksgebiet vor der Plenty-Bucht ist ein Paradies für Seevögel, Delfine und Wale. Die Badestrände sind auch bei Touristen sehr beliebt.