Ellen Johnson-Sirleaf: Ansporn im Wahlkampf
Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Ellen Johnson-Sirleaf fällt genau in den Endspurt des Wahlkampf der liberianischen Präsidentin. Die sechsfache Großmutter, die Ende dieses Monats 73 Jahre alt wird, will am Dienstag wiedergewählt werden. Seit 2006 hat sie das Präsidentenamt inne und gilt als mächtigste Frau Afrikas.
Die in der liberianischen Hauptstadt Monrovia geborene Ökonomin (Foto: dpa) hat an der US-Eliteuniversität Harvard studiert, war Afrika-Direktorin des UN-Entwicklungsprogramms, Vize-Präsidentin der Citibank und hatte verschiedene Ämter in mehreren liberianischen Regierungen inne. Johnson-Sirleaf genießt den Ruf einer "eisernen Lady". Wegbegleiter und Widersacher haben ihren eisernen Willen und scharfen Sachverstand kennengelernt.
Ihre Vergangenheit in der liberianischen Regierung bringt ihr allerdings immer wieder auch Kritik ein. So war sie Finanzministerin unter dem Militärherrscher Samuel Doe in den 70er Jahren, bis sie sich mit ihm überwarf, für ein halbes Jahr ins Gefängnis und dann ins Exil musste. Auch für den Despoten und Kriegsherren Charles Taylor hegte Johnson-Sirleaf erst Sympathien und kooperierte mit ihm. Der 1997 zum Präsidenten gewählte Taylor war maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Land nach zwei Bürgerkriegen vollkommen traumatisiert war und über 250.000 Tote zu beklagen hatte.
Zu den Verdiensten Johnson-Sirleafs zählt die Förderung der Frauen. UN-Schätzungen zufolge wurden drei Viertel von ihnen während des Bürgerkriegs vergewaltigt. Die Präsidentin brach das Tabu und bekannte bei ihrer Antrittsrede, selbst vergewaltigt worden zu sein. Damit bereitete sie den Weg für die Aufarbeitung der Verbrechen.
Bei der Korruptionsbekämpfung, die sich die energische Präsidentin mit der Vorliebe für farbenfrohe, traditionelle Wickelröcke und Kopftücher auf die Fahne geschrieben hatte, gibt es allerdings noch Defizite. Ebenso wie bei der Sicherheit und Justiz. Die Versorgung mit Wasser und Strom ist weiterhin problematisch.
Leymah Gbowee: Der erfolgreiche Sexstreik
Unter Drogen gesetzte Kinder massakrierten ihre Eltern, entstellte Leichen wurden auf den Straßen ausgestellt, Gliedmaßen zum Zeitvertreib amputiert: Der Bürgerkrieg, der das westafrikanische Liberia seit 1989 für mehr als zehn Jahre erschütterte, ist wohl einer der grausamsten, den der Kontinent je gesehen hat. Leymah Gbowee war 17, als sie zu Beginn der Kämpfe in die Hauptstadt Monrovia kam. "Ich bin innerhalb von Stunden vom Kind zur Erwachsenen geworden", sagt die heute 39-Jährige.
Eigentlich war Gbowee (Foto: dpa) nach Monrovia gekommen, um zu studieren. Doch schnell erkannte die junge Frau, dass es ohne Frieden wohl nie dazu kommen würde. Statt zu resignieren oder sich zu verstecken, organisierte sie den Widerstand der einzigen, die nicht am Krieg beteiligt waren: der Frauen. Der 2008 ausgezeichnete Dokumentarfilm "Pray the devil back to hell" (Betet den Teufel zurück in die Hölle) erzählt Gbowees Geschichte.
Sie mobilisierte christliche und muslimische Frauen gleichermaßen, für den Frieden zu singen und zu beten - zuerst auf dem Fischmarkt Monrovias, später auf dem Fußballfeld des größten Stadions, Tag und Nacht, bei Regen und bei sengender Hitze. Der Protest der Frauen hatte Erfolg: Leymah Gbowee schaffte es, Präsident Charles Taylor zu Friedensgesprächen nach Ghana zu zwingen. Bis heute erinnern sich Liberias Männer an eine besonders gefürchtete Aufforderung Gbowees an die Frauen ihrer Heimat: Sie rief - erfolgreich - zu einem Sexstreik auf, bis in Liberia wieder Frieden herrsche.
Dass Frauen Frieden schaffen können, ist bis heute Gbowees Überzeugung. Als Direktorin des in Ghana angesiedelten Frauennetzwerks für Frieden und Sicherheit (WIPSEN) hat sie sich bereits in zahlreichen westafrikanischen Konflikten engagiert. Dabei betont sie stets, dass Täter auch Opfer sein können - eine Erkenntnis, die von der Zeit herrührt, die sie als Traumatherapeutin mit Liberias ehemaligen Kindersoldaten verbracht hat.
Tawakkul Karman: Vorkämpferin des arabischen Frühlings
Seit Anfang des Jahres verbringt Tawakkul Karman viel Zeit auf der Straße: Die Jemenitin ist eines der bekanntesten Gesichter des friedlichen Protests gegen den autoritären Präsidenten Ali Abdullah Saleh. Seit Jahresanfang organisiert die Frauenrechtlerin die Dienstagsproteste. Unter den Demonstranten ist die 32-jährige Mutter dreier Kinder berühmt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. "Wir haben zwei Bürgerkriege und die Al-Kaida im Land und zudem sind 40 Prozent der Bevölkerung ohne Arbeit - worauf wartet Saleh?", sagte sie der "Yemen Post" und schickte ihre Forderung unmissverständlich hinterher: "Er muss zurücktreten."
Karman (Foto: dpa) ist trotz ihres Alters kein Jungstar des arabischen Frühlings. Mit ihrer jahrelangen Menschenrechtsarbeit hat sie das Fundament für die heutigen Proteste im Jemen gelegt. Vor sechs Jahren gründete Karman die Organisation "Women journalists without chains" (Journalistinnen ohne Ketten). Seitdem kämpft sie gegen die rigide Zensur im Land und für die Achtung von Menschenrechten.
Politik spielt in Karmans Familie eine große Rolle. Ihr Vater Abdulsalam Karman ist selber Aktivist und war Jemens Justizminister. Bei all ihren Forderungen, etwa nach einer Quote für Frauen in der Regierung, beruft sich Karman auf ihre Religion. Sie ist Mitglied der konservativen Islah-Bewegung, die für Reformen im Geiste des Islams eintritt. Mit allen Mitteln hat das Saleh-Regime offenbar versucht, Karman ruhigzustellen. Im Januar wurde sie kurzzeitig verhaftet. "Mir ist mit Gefängnis und dem Tod gedroht worden", berichtet sie auf der Website ihrer Organisation. "Man hat mir auch Geld angeboten und ein Regierungsamt." Doch Karman bleibt unbeugsam.
Ihren Erfolg kann die Aktivistin, die jegliche Gewalt ablehnt, selbst manchmal nicht fassen. "Im Jemen dürfen Frauen das Haus nach sieben Uhr abends nicht mehr verlassen", sagte sie kürzlich in einem BBC-Interview. "Jetzt schlafen sie hier auf offener Straße, um zu protestieren - das ist mehr, als ich mir je in meinen wildesten Träumen vorgestellt habe."