TV-Tipp des Tages: "Föhnlage" (BR)
"Föhnlage" ist alles andere als ein Heimatfilm; und das nicht bloß, weil gleich zu Beginn zwei unbescholtene Zeitgenossen auf äußerst skurrile Weise ums Leben kommen.
30.09.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Föhnlage", 1. Oktober, 20.15 Uhr im Bayrischen Fernsehen

Die Berge, die Trachten, der Dialekt: alles passt. Und doch ist "Föhnlage" alles andere als ein Heimatfilm; und das nicht bloß, weil gleich zu Beginn zwei unbescholtene Zeitgenossen auf äußerst skurrile Weise ums Leben kommen. Mit "Föhnlage" hat sich der Bayerische Rundfunk bereits zum vierten Mal (nach "Freiwild", "Erntedank" und "Sau Nummer vier") den Luxus geleistet, einen Krimi bloß fürs dritte Programm inszenieren zu lassen. Das durfte wie schon bei der Allgäugeschichte "Erntedank" erneut Rainer Kaufmann übernehmen, und auch diesmal hat der vielfach ausgezeichnete Kino- und Fernsehregisseur ("Stadtgespräch", "Ein fliehendes Pferd") ein Kleinod gedreht, das mit der touristischen Beschaulichkeit der "Dritten" kaum etwas gemein hat; außer eben Berge, Trachten und Dialekt.

Originell erdachte Todesfälle

Mit der kriminalistischen Ebene rückt der Heimatkrimi (Drehbuch: Stefan Holtz und Florian Iwersen, nach dem Roman von Jörg Maurer) allerdings nur widerwillig heraus. Da entspricht der Film ganz seiner gleichfalls nicht um Sympathie bemühten Hauptfigur, dem Kommissar Hubertus Jennerwein, den sie aus München ausgerechnet nach Garmisch-Partenkirchen versetzt haben; ausgerechnet, weil das seine Heimat ist, die er für immer hinter sich lassen wollte. Kaum eingetroffen, gibt es auch schon zwei Leichen. Erdacht und inszeniert sind die Todesfälle derart originell, dass man den Film schon allein wegen dieser Szene lieben muss. Und natürlich wegen Jennerwein, weil sich Martin Feifel grandios durch seine Szenen grantelt.

Tatsächlich hat die Geschichte noch ein paar Leichen mehr zu bieten, aber die waren schon tot, und das ist die Krimihandlung: Der örtliche Bestatter (Andreas Giebel) verdient sich ein ordentliches Zubrot, in dem er mit Hilfe doppelter Sargböden die Opfer der italienischen Mafia zur ewigen Ruhe bettet. Herbeigekarrt werden die Leichname vom österreichischen Kleinganoven Swoboda, was Georg Friedrich wieder mal die Gelegenheit bietet, seine Vorliebe für schräge Gestalten auszuleben. Naturgemäß dauert es eine Weile, bis Jennerwein und sein Team – Jürgen Tonkel als gemütlicher Oberbayer, Katharina M. Schubert als übereifrige Zugereiste – dem Treiben auf die Spur kommen. Bis dahin darf vor allem Helmfried von Lüttichau als Patriarch und Drahtzieher krachledern, dass es eine wahre Freude ist.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).