Ethikrat: Vorsicht mit Mensch-Tier-Wesen
Der Deutsche Ethikrat hat seine Empfehlungen zum Umgang mit Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung vorgestellt. Er spricht sich für eine klare Grenzziehung zwischen Mensch und Tier aus. Auf eine gemeinsame Empfehlung zu Mensch-Tier-Zybriden konnten sich die Wissenschaftler nicht einigen.

Die wissenschaftlichen Möglichkeiten würfen die Frage nach der Grenzziehung zwischen Mensch und Tier immer neu auf, erklärte der Ethikrat am Dienstag in Berlin. Bei Chimären oder Mischwesen handelt es sich um Tiere mit artfremden Genen sowie um Organismen in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, die Gene, Zellen oder Gewebe von Mensch und Tier in sich tragen.

Der Ethikrat spricht sich für eine klare Grenzziehung zwischen Mensch und Tier aus. Misch-Experimente an Menschenaffen sollen verboten werden, sie finden allerdings in Deutschland auch nicht statt. Das Embryonenschutzgesetz soll dem Ethikrat zufolge um einige Verbote erweitert werden.

Keine Experimente mit Menschenaffen

Die bereits seit den 80er Jahren praktizierte Übertragung von Genen auf Säugetiere hält der Ethikrat für ethisch gerechtfertigt. Der frühere Wissenschafts-Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen (SPD) sagte, in Deutschland werde jedes Jahr eine sechsstellige Zahl von Mäusen geboren und in der Forschung verwendet, die artfremde Gene in sich tragen. Auf Primaten sollen menschliche Zellen oder Gene indes nur in Ausnahmefällen übertragen werden dürfen, wenn der medizinische Nutzen des Experiments sehr hoch zu sein verspricht. Mit Menschenaffen darf nicht experimentiert werden.

Besondere Vorsicht sei generell bei der Übertragung menschlicher Zellen ins Hirn von Tieren geboten, erklärte der Ethikrat. Das Hirn sei von zentraler Bedeutung für die Unterscheidung von Mensch und Tier. Catenhusen sagte, noch sei die Entwicklung in Deutschland beim Umgang mit Mischwesen nicht bedenklich. Der Ethikrat gebe gleichwohl Empfehlungen und weise die Öffentlichkeit auf künftige Fragen hin. Er empfehle auch, die Thematik in den jährlichen Tierschutzbericht aufzunehmen.

Erlaubtes Klonen mit menschlichen Zellkernen

Auf eine gemeinsame Empfehlung zu Mensch-Tier-Zybriden konnten sich die Wissenschaftler nicht einigen. Zybriden sind lebende Zellen, die durch die Fusion einer entkernten Eizelle mit einem anderen Zellkern entstanden sind. Beispiel: Eine entkernte Eizelle eines Rindes wird mit dem Kern einer menschlichen Zelle verschmolzen. Es handelt sich dabei um eine Form des Klonens, für die keine menschlichen Eizellen verwendet werden müssen. Die Technik ist in Deutschland nicht verboten, weil sie vom Embryonenschutzgesetz nicht erfasst wird.

Zwölf der Ethikratmitglieder sprachen sich dafür aus, Zybriden wie menschliche Embryonen einzuordnen und ihre Herstellung zu verbieten. Elf Mitglieder halten ein solches Verbot für unnötig, weil ein Wesen entstehe, das weder Mensch noch Tier sei. Einig ist sich der Ethikrat, dass Zybriden weder in die Gebärmutter einer Frau noch die eines Tieres eingepflanzt werden dürfen. Das Gremium forderte den Gesetzgeber auf, das Embryonenschutzgesetz entsprechend zu ergänzen.

Der Molekularbiologe Jens Reich machte darauf aufmerksam, dass die Erfolgsaussichten der Zybridenforschung ungewiss seien und sie derzeit nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe. Ziel dieser Forschung ist es, Zelllinien zu entwickeln, an denen erforscht wird, inwieweit Genvarianten für schwere Krankheiten wie Alzheimer zuständig sind. Im zweiten Schritt sollen dann Zellen gezüchtet werden, die bei der Therapie helfen.

epd