Seine zahllosen Hits wie "17 Jahr, blondes Haar", "Griechischer Wein" oder "Aber bitte mit Sahne" kennt jedes Kind: Udo Jürgens ist der wohl bekannteste und erfolgreichste deutschsprachige Schlagersänger. Nun widmet die ARD dem Star ein zweiteiliges TV-Drama. "Der Mann mit dem Fagott" (29. und 30.9.) basiert auf dem gleichnamigen Roman, in dem Udo Jürgens – geboren am 30.9.1934 im österreichischen Klagenfurt als Jürgen Udo Bockelmann – die Geschichte seiner Familie über mehrere Generationen erzählt. In der Rahmenhandlung spielt sich Jürgens selber, sein jüngeres Ich wird vom 34-jährigen David Rott verkörpert. Der Schauspieler spielt Jürgens als aufstrebenden Jungmusiker, der – Höhepunkt des Films – mit dem Chanson "Merci Cherie" den Grand Prix de la Chanson 1966 gewinnt. Der aus Leverkusen stammende David Rott lebt mit seiner Familie in Mainz. Er stand bereits auf vielen renommierten Theaterbühnen und war im Fernsehen unter anderem im Historiendrama "Sisi" als Kaiser Franz Joseph zu sehen.
Herr Rott, Sie sind 1977 geboren, da war Udo Jürgens schon längst ein Hitparadenstar. Lief die Musik in Ihrem Elternhaus?
David Rott: Nein, meine Eltern waren eher Hippies, musikalisch ganz woanders angesiedelt. Vor dem Film hatte ich ehrlich gesagt von Udo Jürgens nicht viel Ahnung. Klar, ein paar Sachen wie "Liebe ohne Leiden" kannte ich natürlich. Jeder Mensch, den man auf der Straße anhält, kann mindestens drei, vier Lieder von ihm singen, die sind ja eine Art Volksgut.
Was hat Sie daran gereizt, diese Rolle anzunehmen, bei der Sie daran gemessen werden, wie ähnlich Sie dem Vorbild sind?
Rott: Eine kurze Zeit habe ich natürlich schon gedacht: O Gott, wie soll ich diesem Vergleich standhalten? Man kann ja nicht besser sein als das Original. Aber das hat auch den Reiz für mich erhöht. Es ist sehr ungewöhnlich, jemanden zu spielen, der noch am Leben ist – die Fallhöhe ist dadurch um einiges höher. Allerdings spiele ich ja nicht den heutigen, sondern den jungen Udo Jürgens. Ich zeichne das Bild des Menschen, der er vor 40, 50 Jahren vielleicht mal war.
Ist er mit Ihrer Darstellung zufrieden?
Rott: Udo Jürgens hatte bei der Besetzung der Rolle die finale Entscheidung, er hat selber in dem Film mitgespielt, das heißt er war bei den Dreharbeiten anwesend und hat zugeguckt. Er hat mir viel positives Feedback gegeben und mir signalisiert, dass er das ganz toll findet, was ich da mache. Das war für mich ein großes Kompliment. Natürlich hat er auf Details geachtet, darauf etwa, dass in den Gesangsszenen das Mikrofon an der richtigen Stelle angebracht ist.
Sie singen aber nicht selber, oder?
Rott: Ich habe bei den Dreharbeiten zwar gesungen, aber im Film hört man die Stimme von Herrn Jürgens. Er hat Playbacks für die entsprechenden Szenen angefertigt, da wir die alten Aufnahmen seiner Lieder aus verschiedenen Gründen nicht verwenden konnten. Dass ich nicht selber singen musste, hat die Sache für mich aber nicht unbedingt erleichtert. In der Rolle singe ich auch viele alte Jazznummern, die sind sehr schwierig, und ich musste mir alles mehrere tausend Mal anhören, um meine Einsätze hinzubekommen.
Und wie hat es mit dem Klavierspielen geklappt?
Rott: Ich konnte vorher gar nicht Klavier spielen und habe jedes einzelne Klavierstück von vorne bis hinten lernen müssen, damit man mich so filmen kann, dass meine Hände mit im Bild sind. Allerdings wurde von dem Material, auf dem man meine Hände sieht, letztlich nur relativ wenig genommen. Und das bei der ganzen Arbeit, die ich da reingesteckt habe (lacht).
Wie viele Stunden mussten Sie denn üben?
Rott: Einige! Ich hatte leider nur vier Wochen bis Drehstart, die habe ich genutzt, und ich habe jeden Tag vor Drehbeginn und nach Drehschluss meine Lektionen geübt und die Stücke gelernt. Das war wirklich eine große Herausforderung, sehr aufwändig.
Haben Sie auch den 700seitigen autobiographischen Roman von Udo Jürgens gelesen, auf dem der Film basiert?
Rott: Natürlich. Das Drehbuch basiert ja auf dem Roman "Der Mann mit dem Fagott", der eine Familiensaga auf der Folie des vergangenen Jahrhunderts erzählt. Dieser Punkt ist Udo Jürgens übrigens sehr wichtig: Dass der Film keine reine Biographie über ihn ist, sondern einen größeren historischen Bogen schlägt.
Hat er Ihnen zur Vorbereitung auf die Verfilmung Jugendfotos gezeigt und Anekdoten von früher erzählt?
Rott: Nachdem ich die Zusage für die Rolle hatte, hat er mich zu sich nach Hause in Zürich eingeladen. Ich habe einige Tage bei ihm gewohnt, wir sind gemeinsam aufgestanden und haben viel Zeit miteinander verbracht. Ich konnte ihn beobachten, ausfragen, mit ihm am Klavier sitzen. Ich hatte so eine wahnsinnige Menge an Material für die Rolle, dass ich irgendwann sagen musste: So, jetzt ist Schluss – jetzt muss ich mir überlegen, welches Bild dieses Menschen ich eigentlich zeichnen will. Ich nenne das den Kopiermodus. Dabei ging es mir darum, Udo Jürgens nicht einfach nur zu imitieren, sondern mir zu überlegen, was ihn als Person wirklich ausmacht.
Aber die äußeren Übereinstimmungen sind bei so einer Rolle nicht ganz unwichtig. Haben Sie sich eine Geste abgeschaut, die typisch für ihn ist?
Rott: Es gibt nicht die eine Udo-Jürgens-Geste, aber einige kleinere Sachen. Wie er bei Konzerten die Hände bewegt, wie er singt, das habe ich mir genau angeschaut. Es gibt außerdem seinen Sprachduktus, der Udo hat ja eine leichte österreichische Sprachfärbung, aber nach langem Überlegen haben wir beschlossen, beim Hochdeutschen zu bleiben.
Ein anderes Charakteristikum wurde dagegen im Film übernommen: Jürgens ist nach Konzerten stets schweißgebadet, und in den entsprechenden Szenen sehen auch Sie aus wie durch einen Eimer Wasser gezogen.
Rott: Ja, er ist nach jedem Konzert völlig klitschnass! Bei mir haben allerdings die Maskenbildner nachgeholfen.
Er schlüpft dann immer in einen weißen Bademantel, der zu einem Udo-Jürgens-Markenzeichen wurde und natürlich auch im Film vorkommt. Durften Sie als Andenken ein Exemplar behalten?
Rott: Das ganze Team hat einen Bademantel mit Signatur von ihm geschenkt bekommen. Er hat mir außerdem ein Klavier geschenkt, das jetzt bei mir zu Hause steht. Da kann ich künftig meine Klavierkünste verbessern (lacht).
Der erste Teil des zweiteiligen Udo-Jürgens-Films "Der Mann mit dem Fagott" läuft am Donnerstag, 29. September, um 20.15 Uhr in der ARD.