Papstbücher: Rendite mit dem römischen Bruder
Der Besuch von Papst Benedikt XVI. in seiner Heimat ist nicht nur ein großes Medienthema, sondern belebt auch den deutschen Verlagsmarkt. Die Buchhandlungen sind prall gefüllt mit Veröffentlichungen rund um das katholische Kirchenoberhaupt. Die Autoren nähern sich ihm mal kritisch-distanziert, mal analytisch, mal begeistert. Hier die wichtigsten Neuerscheinungen im Überblick – angefangen mit einem Buch des Papstes höchstselbst.
19.09.2011
Von Rainer Clos und Bernd Buchner

Wenn Benedikt XVI. nach Deutschland reist, kommt er als Oberhirte von weltweit knapp 1,2 Milliarden Katholiken und als erster Mann des Vatikanstaates. Er kommt aber auch als Erfolgsautor. Mit dem zweiten Band seiner Jesus-Trilogie, der im März erschienen ist, belebte der prominente Autor den Absatz religiöser Bücher in Deutschland. Auch das Interviewbuch "Licht der Welt", das Gespräche mit dem katholisch-konservativen Journalisten Peter Seewald enthält und im November 2010 erschien, fand großes Interesse.

Der zweite Jesus-Band führte im ersten Halbjahr 2011 die "Top Ten" des Börsenvereins des deutschen Buchhandels im Segment "Religion und Philosophie" an. Es folgten Titel des Philosophen Richard David Precht, des katholischen Theologen Hans Küng ("Ist die Kirche noch zu retten?") und der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann ("Mütter der Bibel"). Der bevorstehende Papstbesuch und ein wachsendes Interesse an christlichen Themen hätten den Umsatz mit religiösen Büchern belebt, bilanzierte das Börsenblatt im Juli.

Bruder des Papstes schreibt

Nicht nur der Papst selbst ist Buchautor, auch sein nächster Verwandter. "Mein Bruder, der Papst" lautet schlicht der Titel der Aufzeichnungen von Georg Ratzinger, dem drei Jahre älteren Bruder des Kirchenoberhaupts. Er erzählt darin im Gespräch mit Michael Hesemann aus dem privaten Leben des Papstes. Ratzinger berichtet in dem bei Herbig erschienenen Buch, das vor wenigen Tagen in Regensburg vorgestellt wurde, über die gemeinsame Kindheit sowie die Vorlieben und Abneigungen seines berühmten Bruders. Sehr viel Neues erfährt der Leser allerdings nicht.

Das trifft auch für die 700 Seiten starke Biografie "Benedikt XVI. - Der deutsche Papst" von Andreas Englisch zu, die wenige Tage vor dem Besuch im C. Bertelsmann Verlag erschienen ist. Der Autor ist seit 1987 Vatikan-Korrespondent für "Bild" und andere Springer-Publikationen. Englisch, von dem bereits eine Biografie über Johannes Paul II. vorliegt, schildert in dem Buch den Wandel Joseph Ratzingers vom strengen Präfekten der römischen Glaubenskongregation zum vermeintlich weltoffenen und dialogbereiten Papst.

Eine kompakte, aber sorgfältige Lebensbeschreibung des Papstes hat im vergangenen Jahr Klaus-Rüdiger Mai vorgelegt. Auf gut 250 Seiten schildert der bei Bastei-Lübbe erschienene Band, der inzwischen auch als Taschenbuch erhältlich ist, den Werdegang Joseph Ratzingers von der behüteten Kindheit in Oberbayern bis zum Papstthron. "Wer gut recherchierte Informationen über den Papst sucht, ist mit diesem Buch bestens bedient", schrieb das Evangelische Sonntagsblatt in einer Rezension.

Erwartungen der evangelischen Christen

Über die Erwartungen, die evangelische Christen an den Papstbesuch haben, gibt der im August bei Droemer-Knaur erschienene Band "Lieber Bruder in Rom!" Auskunft. 16 Autoren, darunter der stellvertretende Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Günther Beckstein, der Leiter der Organisation "Pro Christ", Ulrich Parzany, die Altbischöfe Eduard Berger, Jürgen Johannesdotter und Ulrich Wilckens, sowie der katholische Philosoph Robert Spaemann notieren darin in Briefform ihre Wünsche zur Ökumene.

Illustration des Buches "Unter Ketzern" von Arnd Brummer.

Der evangelische Publizist Arnd Brummer, Chefredakteur des Monatsmagazins "chrismon" und von evangelisch.de, setzt sich in seinem autobiografisch gehaltenen Buch "Unter Ketzern - Warum ich evangelisch bin", das in der edition chrismon erschienen ist, kritisch mit der katholischen Kirche auseinander. Er sorgte damit bei evangelischen und katholischen Geistlichen für Verstimmung. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider nannte den "chrismon"-Vorabdruck des Buches "nicht hilfreich".

Von Berlin und Erfurt, wo der Papst auf Schneider und weitere EKD-Spitzenvertreter treffen wird, geht es weiter in den Südwesten. "Freiburg begrüßt den Papst" lautet ein Buchtitel aus dem Herder-Verlag, der seinen Sitz in der Breisgau-Metropole hat. Herausgeber des Bändchens, in dem Freiburger sich selbst, Stadt und Land vorstellen, sind der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Grüner und praktizierender Katholik, und Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne). Zwischen vier und 89 Jahren sind die Autoren alt, die darin über ihre Wünsche und ihre Fragen an den Papst schreiben.

Buch über Papstbesuch bereits in Vorbereitung

Bei Herder sind während des Papstbesuchs in Freiburg erstmals fast alles Ausgaben der Werke von Papst Benedikt XVI. zu sehen. Rund 600 Bücher des Hochschullehrers, Erzbischofs, Kardinals und jetzigen Oberhauptes der katholischen Kirche wurden aus der ganzen Welt zusammengetragen, teilte der Verlag mit. Von seiner Doktorarbeit aus den frühen 1950er Jahren bis zum zweiten Band des Buches "Jesus von Nazareth" könnten Besucher fast alle Publikationen des ehemaligen Theologieprofessors besichtigen.

Wenige Tage nach dem Papstbesuch erscheint in Kooperation mit dem Sankt-Benno-Verlag bei Herder "Papst Benedikt in Deutschland". Herausgegeben von Pater Hans Langendörfer, dem Gesamtkoordinator der Visite und Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, wird der Bildband die wichtigsten Szenen und Botschaften der vier Tage festhalten. Und Freunde einer gepflegten Papstsatire dürfen sich bereits jetzt auf Nanni Morettis Filmkomödie "Habemus Papam – Ein Papst büxt aus" freuen, der ab 8. Dezember in den deutschen Kinos läuft. Michel Piccoli spielt darin den Papst, der mit seinem Amt nicht klarkommt und schließlich zurücktritt.

epd/evangelisch.de

Georg Ratzinger: Mein Bruder, der Papst. Aufgezeichnet von Michael Hesemann, München 2011. Herbig-Verlag, 272 Seiten, 19,99 Euro.

Andreas Englisch: Benedikt XVI. Der deutsche Papst, München 2011. C. Bertelsmann, 718 Seiten, 26 Euro.

Klaus-Rüdiger Mai: Benedikt XVI. Joseph Ratzinger: Sein Leben - sein Glaube - seine Ziele, Köln 2010. Bastei Lübbe, 271 Seiten, 9,99 Euro.

Dominik Klenk (Hg.): Lieber Bruder in Rom! Ein evangelischer Brief an den Papst, München 2011. Knaur, 157 Seiten, 7,99 Euro.

Arnd Brummer: Unter Ketzern. Warum ich evangelisch bin, Frankfurt a.M. 2011. Edition chrismon, 140 Seiten, 14,90 Euro.

Winfried Kretschmann/Dieter Salomon (Hg.): Freiburg begrüßt den Papst, Freiburg i.Br. 2011. Herder Verlag, 5 Euro.

Hans Langendörfer (Hg.): Papst Benedikt in Deutschland. Unvergessliche Begegnungen in Wort und Bild, Freiburg i.Br. 2011. Herder Verlag, ca. 96 Seiten, 9,95 Euro (erscheint im Oktober 2011).


Rainer Clos ist Redakteur beim Evangelischen Pressedienst (epd), Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de.