Papstrede im Bundestag: Die Hälfte der Deutschen ist dafür
Debatte um eine Rede: Am 22. September besucht Papst Benedikt XVI. Deutschland. Das Oberhaupt der katholischen Kirche will auch im Bundestag eine Rede halten. Dagegen hatten sich einige Politiker gewehrt und kündigten einen Boykott an. Kirchenvertreter melden sich nun zu Wort; sie kritisieren die geplante Sabotage. Laut einer Umfrage ist die Hälfte aller Deutschen für die Rede des Papstes im Bundestag.

Die Debatte um den Auftritt von Papst Benedikt XVI. im Bundestag hält an. Politiker und Kirchenvertreter kritisierten am Samstag den von zahlreichen Abgeordneten der Oppositionsparteien geplanten Boykott. Die knappe Mehrheit der Deutschen (51 Prozent) findet es laut einer Emnid-Umfrage richtig, dass der Papst dort eine Rede hält, berichtet das Münchner Nachrichtenmagazin "Focus". 39 Prozent halten es für falsch. Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid befragte für "Focus" 1.008 repräsentativ ausgewählte Personen. Rund 100 Abgeordnete von Grünen, Linkspartei und SPD wollen der Rede von Benedikt am 22. September fernbleiben.

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann sagte der "Frankfurter Rundschau" (Samstagsausgabe), wenn Abgeordnete dem Auftritt fernblieben, sei dies "schäbig und primitiv". Am Vortag hatte Vatikansprecher Federico Lombardi erklärt, der Papst spreche auf Einladung von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). "Er wird seine Rede für die Personen halten, die ihn anhören möchten und die seine Ansprache mit Respekt aufnehmen möchten." Der Papst besucht Deutschland vom 22. und 25. September und kommt nach Berlin, Erfurt und Freiburg.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), kritisierte den angekündigten Boykott der Papstrede als "beschämend". In einer Demokratie könne jeder Kritik an einer Person äußern, heißt es in einem Gastkommentar Kauders für die "Bild am Sonntag": "Man muss ihm aber zuerst zuhören." Kauder betonte, der Papst spreche - als erster Papst überhaupt - vor dem deutschen Parlament als Staatsoberhaupt, er komme nicht allein als Oberhaupt der größten christlichen Kirche mit über einer Milliarde Gläubigen.

Die SPD will dem Oberhaupt der Katholiken Respekt erweisen

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", die SPD-Fraktion werde dem Oberhaupt der Katholiken Respekt erweisen: "Ich freue mich, dass der Bundestagspräsident ihn eingeladen hat." Der Papst spreche für eine Kirche mit einer Milliarde Mitglieder und sei daher "im wahrsten Sinne ein 'global Player' und eine wichtige Stimme in der Welt". Von der SPD wollen Medienberichten zufolge etwa 20 Abgeordnete der Rede fernbleiben.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte das Verhalten der Abgeordneten, die der Rede Benedikts fernbleiben wollen. "Es ist beschämend, dass in der SPD, bei den Grünen und in der Linkspartei so viele Abgeordnete nicht in der Lage sind, einem solch herausragenden Gast Achtung und Respekt entgegenzubringen", sagte Gröhe der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Grünen-Politiker Volker Beck sagte, er wolle den Papst mit dem gebührenden Respekt behandeln und seiner Rede zuhören. Dennoch kritisierte Beck die Einladung an den Papst, im Bundestag zu sprechen: "Ich sehe in der Einladung eines Religionsführers einen gewissen Bruch mit der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates und des Bundestages."

Die Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, Halina Wawzyniak, äußerte, es gehöre zu ihrer Aufgabe als Parlamentarierin, einen Gast des Bundestags anzuhören. Die Aufregung darüber, dass die Hälfte ihrer Fraktion der Rede fernbleiben wolle, teile sie aber nicht. "Ich bin Atheistin. Für mich ist es ein alter Mann mehr, der redet", sagte Wawzyniak der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Abgeordnete der Grünen wollen mit Aids-Schleifen am Donnerstag bei der Rede von Papst Benedikt XVI. im Bundestag protestieren. "Wir möchten uns mit Aidskranken solidarisieren vor dem Hintergrund der aus unserer Sicht kritikwürdigen Verhütungspolitik des Vatikans", sagte der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour dem "Focus". An der Sitzung teilzunehmen sei aber ein "Akt der Höflichkeit."

epd